Wofür Reiseveranstalter verantwortlich sind und wofür nicht

Wofür Reiseveranstalter verantwortlich sind und wofür nicht
Wie wird der Urlaub? Reiserechtsexperte Eike Lindinger erklärt, was sich für Urlauber seit Ausbruch der Pandemie geändert hat.

Vieles wird heuer im Urlaub anders ablaufen als vor Corona. Egal, ob an der Oberen Adria oder in der Türkei: Die Schlacht am Frühstücksbuffet ist wohl abgesagt. Die Pandemie vermiest aber auch jede Urlaubsfreude.

Bleibt die Frage, ob man so etwas beim Reiseveranstalter als Mangel bzw. entgangene Urlaubsfreude geltend machen kann. Der KURIER hat bei Eike Lindinger, Autor der alljährlich erscheinenden „Wiener Liste der Reisepreisminderung“, nachgefragt. „Nein“, meint der Wiener Rechtsanwalt. Schließlich müsse einem Urlauber klar sein, dass Corona auch die Reisewelt verändert hat. „Snackbars im Wellnessbereich werden aufgrund der Hygienevorschriften anders ausschauen müssen wie bisher. Das Zimmermädchen wird auch nicht ständig zum Putzen auftauchen können.“

Andere Spielregeln

Das heißt, die Spielregeln ändern sich, auch in rechtlicher Hinsicht. „Corona ist ein allgemeines Lebensrisiko geworden“, sagt Lindinger. „Die dem Veranstalter obliegende Verkehrssicherungspflicht findet ihre natürliche Grenze im allgemeinen Lebensrisiko.“ Konnte man bei Ausbruch der Pandemie Urlaube noch relativ einfach kostenlos stornieren, weil man zum Buchungszeitpunkt nicht mit einer Pandemie rechnen konnte, so wird das diesen Sommer nicht mehr so leicht gehen (außer man hat mit dem Veranstalter oder Vermieter entsprechende Rücktrittsklausel vereinbart).

Aus Sicht von Lindinger steigt der Aufklärungsbedarf sowie die Informationspflicht in den Reisebüros. „Man wird einen Über-70-Jährigen schon fragen müssen, ob sich eine Reise für ihn überhaupt eignet und ob er geimpft ist.“ Niemand könne 2021 erwarten, dass ein Urlaub so abläuft wie noch 2019. Selbst wenn Rundreiseveranstalter nur noch mit halb besetzen Bussen und Hygienemaßnahmen unterwegs sind, könne man sich nicht darauf verlassen, dass alle Reiseteilnehmer auf den ihnen zugewiesen Plätzen sitzen. Lindinger: „Zudem muss man sich wohl auch auf kurzfristige Änderungen einstellen, wenn etwa bei einer Rundreise ein bestimmtes Ziel nicht angefahren werden kann.“

Selbst wenn im Vorjahr gefühlt niemand auf Urlaub fahren konnte, stapeln sich auf Lindingers Schreibtisch Rechtsstreitereien wegen vermeintlich verhauter Urlaube oder versenkter Anzahlungskosten. Ein Auszug:

Vereitelter Grado-Urlaub

Eine 4-köpfige Familie hatte für Juni 2020 ein Mobilehome am Strand von Grado gebucht, wollte dann aber nicht anreisen und forderte ihre Anzahlung zurück. Begründung: Angst vor einer Coronainfizierung. Der Familienvater blitzte beim Richter ab. „Weil laut den Angaben des Außenministeriums sowohl die Einreise in Italien wie auch die Rückreise nach Österreich im betreffenden Zeitraum ohne Quarantäne möglich gewesen wäre“, erläutert Lindinger.

Zudem wurde argumentiert, dass beim Aufenthalt im Mobilehome kein höheres Infektionsrisiko bestanden hätte als Zuhause. Von einem Wegfall der Geschäftsgrundlage könne also keine Rede sein. Der vermeintliche „Grado-Urlauber“ hatte kein Recht auf Rückerstattung der Anzahlung.

Abgeblitzt ist auch ein anderer Doch-nicht-Urlauber, der vorigen Sommer eine Almhütte für 14 Personen – ohne Verpflegung – gemietet hatte. Auch er wollte mit Verweis auf Corona kostenlos vom Vertrag zurücktreten. Das Gericht urteilte, dass der Reisende selbst entschieden hätte, mit wem er auf die Hütte fährt und damit ein Infektionsrisiko nicht beim Vermieter lag.

Abenteuer bleibt Abenteuer

Auf einen Vergleich lief ein Streit mit einem Südamerika-Reisenden hinaus. Dieser hatte sich vor Reiseantritt um 500 Euro impfen lassen und nach der Reise argumentiert, dass die Impfungen nicht nötig gewesen wären. Er berief sich auf Informationen einer Behörde im Urlaubsland. Die Beweislast lag beim Veranstalter. Er hätte belegen müssen, dass die Angaben des Klägers nicht korrekt waren.

Ein Abenteuer wollte ein Paar in Äthiopien erleben. Gebucht wurde eine Safari, Unterkunft im Militär-Camp, Ausflüge mit dem Jeep in die Wildnis, keine Dusche, kein WC. Nach kurzer Zeit habe der Mann Durchfall bekommen und befürchtet, dass er an Ruhr erkrankt ist. Seine Frau gab an, dass sie sich nicht um ihn kümmern habe können, weil er so erbärmlich gestunken habe, wegen der katastrophalen Hygienebedingungen im Camp. Entschädigung gab es keine, weiß Lindinger. Das Paar hätte wissen müssen, auf was es sich bei so einem Abenteuerurlaub einlässt.

Mit Corona-Versicherung

Wer eine Reise für den Sommer oder auch schon davor plant, sollte auf Nummer sicher gehen und eine Reiseversicherung abschließen, die auch Corona-Effekte abdeckt. Dazu zählen etwa mögliche Erkrankung vor oder während der Reise, eine notwendig werdende Quarantäne oder auch Grenz- oder Hotelschließungen. Einige Versicherungen haben spezielle Corona-Zusatzversicherungen im Gepäck, etwa die Kosten für eine längere Quarantäne vor Ort; dies gilt aber nur für Länder, die nicht unter Corona-Reisewarnung stehen. Generell gibt es zwei Faustregeln: erstens auf die Reisewarnungen des Außenministeriums achten, und zweitens gelten Pauschalreisen als unkomplizierter bei Problemen durch Covid vor Ort.

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