WKO-Chef Mahrer zu KI: "Projekte größer denken"

WKO-Chef Mahrer zu KI: "Projekte größer denken"
Die Stimmung in der österreichischen Digitalbranche hellt sich auf. WKO-Präsident Harald Mahrer fordert mehr Mut bei Künstlicher Intelligenz.

Die Konjunktur beginnt sich zu erholen. Das zeigen nicht nur Prognosen der Wirtschaftsforscher, auch bei heimischen Unternehmen hellt sich die Stimmung zunehmend auf. Besonders stark ist das in den Bereichen Informationstechnologie und Digitalwirtschaft zu sehen, wie das aktuelle Branchenbarometer der Wirtschaftskammer Österreich zeigt, für das rund 600 Betriebe der Sparte Information und Consulting befragt wurden. 

Eine deutliche Mehrheit der Firmen erwartet Verbesserungen bei der Auftragslage und Zuwächse beim Umsatz. Die Stimmung sei wieder wirklich positiv, sagt WKO-Präsident Harald Mahrer. Auch das Preisniveau habe sich stabilisiert. Der Digitalisierung und Zukunftstechnologien wie Künstlicher Intelligenz (KI) schreibt Mahrer eine Schlüsselrolle für den wirtschaftlichen Aufschwung zu. Ohne Kreativität, Innovation und mehr Wendigkeit werde es nicht gehen.

Initiativen wie die in Wien geplante AI Factory, die auch als branchenübergreifende Anlaufstelle für  Unternehmen dienen soll, und den Vorstoß der EU bei Rechenzentren für die Technologie, für eines davon hat sich ebenfalls Wien beworben, begrüßt Mahrer. Die Richtung stimme, der Aufholbedarf sei aber größer, als man gemeinhin glaube. „Man muss die Projekte größer denken.“ 

Nur so könne sichergestellt werden, dass heimische industrielle Stärkefelder, wie etwa der Maschinen- und Anlagenbau, von der Technologie profitieren. Neben der Geschwindigkeit sei vor allem das Geld Thema. „Wenn man nach den Sternen greifen will, muss man auch tief in die Taschen greifen, um das zu ermöglichen.“ 

"Rennen offen"

Bei der Entwicklung von Sprachmodellen und der Basisinfrastruktur seien andere Regionen Europa  voraus. In der Entwicklung von Anwendungen sei aber vollkommen offen, wo sich die großen Player weltweit etablieren werden. Das heimische Stärkefeld liege in der industriellen Produktion. In Kombination mit den Einsatzmöglichkeiten Künstlicher Intelligenz habe Österreich einen echten Vorteil, sagt Mahrer: „Das Rennen ist offen.“ 

Er regt einen Fonds für radikale Innovationen im KI-Bereich an. Notwendig sei jedenfalls eine Summe im Milliardenbereich.

WKO-Chef Mahrer zu KI: "Projekte größer denken"

Harald Mahrer (Mitte) und Markus Roth (rechts) im Gespräch mit dem KURIER.

"Überschießende" Regulierung

Die EU-Regulierung der Technologie hält er für überschießend. Rote Linien in grundlegenden Fragen, etwa bei Menschenrechten, seien wichtig. Es müsse aber auch Spielraum für Entwicklungen geben. 

Markus Roth, der neue Obmann der Sparte Information und Consulting, wünscht sich bei der Umsetzung einen Fokus auf Beratung statt Strafen. Innovation entstehe dort, wo Fehler erlaubt sind, sagt der oberösterreichische IT-Unternehmer, der seit Ende Juni der Sparte vorsteht. Eine KI-Agentur in Österreich sollte sich primär als Servicestelle verstehen. 

Digitale Souveränität

Mit der Technologie könne Europa  an digitaler Souveränität gewinnen, sagt Roth. In einer Zeit, in der sich alles extrem schnell drehe, gebe es für Europa viele Möglichkeiten. Neue Player könnten nicht nur in den USA oder Asien, sondern auch hier entstehen, meint Roth: „Wir haben in vielen Bereichen die Chance, mit neuen Produkten gut mitzuhalten.“

Fachtkräftemangel bleibt

Voraussetzung dafür sind qualifizierte Mitarbeiter. Heuer fehlen nach Angaben der WKO rund 28.000 Fachkräfte im IT-Bereich. Das Problem verlagere sich etwas in Richtung der digitalen Eliten, sagt Roth. Diejenigen, die besonders viel Wissen hätten, seien so stark gefragt wie noch nie. Der Arbeitskräftemangel werde aber auch in der Zukunft eine Herausforderung bleiben. 

Untersuchungen sehen bei der Akzeptanz von KI bei heimischen Firmen noch Luft nach oben.  Die Unternehmen seien für die Möglichkeiten offen, sagt Roth. Wenn er mit Firmenspreche, höre er häufig, dass sie die Technologie ausprobiert hätten, aber noch nicht wüssten, wie sie sie in ihre Prozesse integrieren könnten. „Die Statistiken, wie viele Firmen KI verwenden, werden sich stark verändern“, sagt Roth.

In einigen Branchen, sei bereits viel passiert, auch weil es der Marktdruck notwendig mache, sagt Mahrer. Im Tourismusbereich, wo es dauerhaften digitalen Kundenkontakt gebe, sei der Einsatz und die Anwendung der Technologie bereits weit fortgeschritten. Im Gewerbe und Handwerk sei der Bedarf geringer, obwohl es auch dort spannende Anwendungen gebe. 

Die unmittelbare Betroffenheit sei je nach Branche unterschiedlich gelagert, meint Mahrer: "Wenn es die Rahmenbedingungen erfordern, ist bei allen die Bereitschaft gegeben, sich mit der Technologie zu beschäftigen."

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