Wirtschaftswachstum: Achtung, Schlingerkurs voraus

Wohin geht die Fahrt? Krisenherde, schwache Konjunktur in China: Gefahren gibt es etliche.
Enttäuschend kleines Plus in Österreich, Stagnation in der Eurozone. Wie Drogen und Schmuggel BIP beeinflussen.

Nach einem Schwächeanfall lassen Volkswirtschaften in der Regel wieder die Muskeln spielen. Von diesem Konjunkturmuster dürften sich viele Länder der Eurozone, darunter auch Österreich, heuer leider verabschieden.

Um rund 1,5 Prozent könnte die heimische Wirtschaft heuer wachsen, sagten die Wirtschaftsforscher noch Ende Juni voraus – nach mageren 0,3 Prozent im Vorjahr. Geschieht kein Wunder, wird daraus aber nichts werden. Gerade einmal um höchstens 1,0 Prozent wird die Wirtschaftsleistung voraussichtlich steigen. Das wird nicht reichen, um ausreichend neue Arbeitsplätze zu schaffen. Die Arbeitslosenrate wird daher weiter steigen.

Grund für die gedämpften Aussichten ist die enttäuschende Entwicklung im Frühjahr. Vom ersten auf das zweite Quartal wuchs Österreichs Bruttoinlandsprodukt (BIP) nur um 0,2 Prozent. Die verschiedenen Krisenherde verdarben der gesamten Weltwirtschaft die Stimmung. Die Sanktionen, mit denen die EU und Russland einander belegt haben, sind da noch nicht berücksichtigt.

Wirtschaftswachstum: Achtung, Schlingerkurs voraus

Unsicherheiten dämpfen Exporte und Investitionen. Das bekam auch Österreichs wichtigster Wirtschaftspartner Deutschland zu spüren. Dort schrumpfte die Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal sogar um 0,2 Prozent. Mit ein Grund für das überraschend große Minus ist das ebenso überraschend große Plus im heurigen Startquartal, meinen Ökonomen. Durch den warmen Winter seien viele Bauinvestitionen vorgezogen worden, die hätten jetzt gefehlt. Ohne den Wettereffekt wäre die deutsche Wirtschaft leicht gewachsen.

In Italien gab es allerdings keine Vorzieheffekte. Schon im zweiten Quartal in Folge gab die Wirtschaftsleistung nach – was Ökonomen als Rezession bezeichnen.

Deutschland und Italien im Minus, Frankreich auf der Nulllinie – damit herrscht bei den drei größten Volkswirtschaften der Eurozone Flaute. Kein Wunder, dass es auch im gesamten Währungsraum im zweiten Quartal nicht aufwärtsging.

Erholung

Positive Überraschungen sind derzeit zwar Mangelware, aber es gibt sie. So können die Euro-Sorgenkinder Spanien und Portugal ein Quartals-Wachstum von jeweils 0,6 Prozent vorweisen. Das gibt Hoffnung, dass die Arbeitslosenheere dort etwas kleiner werden. Die EU-Kommission führt die Erholung in den beiden Ländern auf die „kühnen Reformen“ zurück.

Mit Blick auf die gesamte EU sprach ein Kommissionssprecher von einem „gemischten Bild“. Er ermahnte die Länder, den Reformkurs zu halten. „Das größte Risiko für die Erholung liegt in Selbstzufriedenheit.“

In einem EU-Land sind manche Drogen erlaubt, in einem anderen nicht. In einem sind sexuelle Dienstleistungen erlaubt, im anderen nicht. Die Konsequenz daraus: Für das Bruttoinlandsprodukt (BIP), das alle wirtschaftlichen Aktivitäten einer Volkswirtschaft erfassen soll, gibt es unterschiedliche Datenmengen. Nicht mehr lange. Ab 1. September gibt es dazu EU-weit verbindliche Standards. In Österreich gibt es eine Zuschätzung der Schattenwirtschaft schon seit Jahren. Die Wachstumsraten ändern sich dadurch nicht, weil die Daten für die vergangenen Jahrzehnte überarbeitet wurden und werden.

Die wichtigste Änderung: Geld für Forschung und Entwicklung wird künftig als Investition verbucht und wird BIP-wirksam.

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