Wirtschaftstief könnte Trump im Wahljahr einholen
Fast schien es, als könne der US-Wirtschaft nichts etwas anhaben. Die von Präsident Donald Trump angestifteten Handelskonflikte ließen zwar den Welthandel einbrechen (siehe Grafik).
Die USA selbst tangierte das aber wenig – ihre Wirtschaft ist vom Inlandskonsum abhängig. Exporte tragen nur zehn Prozent bei.
„Die USA sind eine fast geschlossene Volkswirtschaft“, sagte Stefan Bruckbauer, Chefökonom der Unicredit Bank Austria, am Mittwoch. Obendrein hatte das extrem hohe US-Budgetdefizit von zuletzt -6,3 Prozent die Konjunktur befeuert – allein das bringe ein bis eineinhalb Prozent Wachstum.
Doch allmählich wendet sich das Blatt. Die Konjunkturexperten erwarten sogar, dass die US-Wirtschaft gegen Ende 2020 in eine „milde Rezession“ schlittern könnte.
Gemeint ist, dass zwei Quartale nacheinander negativ sind. Übers Gesamtjahr gingen sich dank des starken Auftakts noch 1,1 Prozent Plus aus. Auch dieser Wert ist pessimistischer als jener vieler Ökonomen-Kollegen.
Eine Flaute ab Jahresmitte? Das könnte Trump, der am 3. November 2020 zur Wiederwahl antritt, gar nicht brauchen. Er würde alles daran setzen, ein Minus zu vermeiden.
Die Ökonomen halten es aber für unwahrscheinlich, dass ein großes Stimuluspaket den parteimäßig gespaltenen Kongress passieren könnte. Selbst wenn, würde es keine rasche Wirkung entfachen.
Und die US-Notenbank, die Trump zu flotteren Zinssenkungen drängt, habe den wirksameren Teil ihrer Munition bereits aufgebracht.
Sehr offenes Österreich
Das US-Tief zieht auch die Weltwirtschaft in Mitleidenschaft, die 2020 mit 2,7 Prozent Plus so schwach zulegen dürfte wie seit 2009 nicht.
Österreich kann sich davon nicht entkoppeln. Die heimische Wirtschaft basiert nur zu einem Drittel auf der Inlandsnachfrage. Zwei Drittel der Wertschöpfung werden im Ausland generiert, je zur Hälfte im Euroraum und im Rest der Welt.
„Das globale Konjunkturbild ist eine Herausforderung für Österreich“, resümiert Ökonom Walter Pudschedl. Eine Rezession oder gar Krise habe man „in keinster Weise“ auf dem Radar. Mit nur einem Prozent Plus für Österreich und 0,8 Prozent für die Eurozone fallen die Prognosen 2020 aber sehr verhalten aus.
Dass die sich abzeichnende Flaute noch nicht so richtig im Kopf der Bevölkerung angekommen ist, liegt an einem gespaltenen Bild. Die Industrie steckt schon seit etwa einem Jahr in der Negativspirale. Dienstleistungen, Konsum, Bau und Arbeitsmarkt stehen noch gut da.
Chancen und Risiken
Sollte sich das US-Minus doch nicht materialisieren, könnte Österreichs Wachstum über zwei Jahre um 0,6 Prozentpunkte besser ausfallen. Eine Entspannung des Handelsstreits (an ein Ende glaubt niemand) würde auf der Habenseite 0,15 Punkte bringen.
Aber auch schlimmer geht’s immer: US-Autostrafzölle (-0,1), ein harter Brexit (-0,2) oder stärkerer Dämpfer in China (-0,5 Prozentpunkte) würden sich negativ auf Österreich auswirken.
Wie haben es Europas Regierungen geschafft, ihre Budgetprobleme (mehr oder weniger) in den Griff zu bekommen? Die Antwort ist bei der Politik zu finden – allerdings nicht der Regierungs-, sondern der Geldpolitik.
Wie sehr verschuldete Staaten von den Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank profitiert haben, ist verblüffend: Allein Österreich habe sich 2007 bis 2019 kumuliert Zinskosten von 60 Milliarden Euro oder 7.300 Euro pro Kopf erspart, sagt Bank-Austria-Ökonom Stefan Bruckbauer. Die Rechnung nimmt als Vergleichsmaßstab Zinskosten, wie sie vor der Krise üblich waren. Ähnlich haben private Kreditnehmer von fallenden Zinsen profitiert.
Des einen Leid, des anderen Freud’: Vice versa hätten Österreichs Bankkunden 2018 aufgrund der inexistenten Sparzinsen einen Gegenwert von fast fünf Milliarden Euro verloren, sagte Erste-Vorstand Peter Bosek.
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