„Wir tappen im Dunkeln“: Warum Prognosen derzeit sinnlos sind

„Wir tappen im Dunkeln“: Warum Prognosen derzeit sinnlos sind
Ökonomen haben wegen des Coronavirus Schwierigkeiten, ihre Wirtschaftsausblicke zu erstellen.

Das Auf und Ab der Konjunktur vorherzusagen, hat schon in normalen Zeiten Ähnlichkeit mit einer Geheimwissenschaft: Ausgehend vom Ist-Zustand der Wirtschaft und Signalen von Konsumenten und Unternehmen versuchen die Ökonomen abzuschätzen, wo das künftige Wachstum landet. Viele klammern sich zu sehr an diese Werte – diese beruhen stets auf der Prämisse, das nichts dazwischenfunkt.

Jetzt hat das Virus den Experten einen Strich durch die BIP-Rechnung gemacht. „Wir stecken in einem Dilemma. In unseren Daten sehen wir von der Epidemie noch nichts“, sagt Stefan Ederer vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo). Das Institut hat seinen Konjunkturtest in der ersten Februarhälfte durchgeführt. Da steckten noch alle Befragten voller Optimismus.

„Momentan tappt jeder im Dunkeln“, sagt Peter Brezinschek, Chefökonom der Raiffeisen Bank International. Die OECD war am Montag konsequent und blies die Veröffentlichung ihres Konjunkturindikators ab: Dieser habe jetzt keinen Sinn, nächster Anlauf ist am 8. April.

Szenarien: V, U oder L

Stattdessen muss man sich mit Szenarien begnügen. Und da nehmen die Ökonomen Anleihen beim Alphabet: Sie sprechen von einem V-, U- oder L-förmigen Verlauf.

V heißt: Auf einen scharfen Einbruch folgt eine rasche, kräftige Erholung. Diese Chance sieht Ederer zwar in der Industrie: Ausgefallene Kapazitäten könnten nachproduziert werden. Beim Tourismus wird es wenige Aufholeffekte geben: Ein Flug und eine Reise, die gecancelt ist, wird nicht doppelt nachgeholt.

Je länger es dauert, die Epidemie in den Griff zu kriegen, umso eher landen wir bei einem U-Verlauf: Die Talsohle der Konjunktur dauert länger.

An einen L-Verlauf – eine lange Krise, keine echte Erholung – mag Ederer nicht glauben: „Selbst wenn es zu einer Pandemie kommen sollte, kann ich schwer ein Szenario ausmachen, das über einen Fünf-Jahres-Horizont Auswirkungen zeigen würde.“ Irgendwann würde ökonomische Normalität einkehren: Man würde lernen, mit Corona wie mit einer stärkeren Grippewelle zu leben.

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