Wirtschaftskammer: Reform mit Hindernissen

Arbeitsmarktöffnung für Kroaten entzweit ÖVP
Leitl muss Abstriche machen, keine Eingriffe in Fachgruppen.

Das war knapp. Christoph Leitl, Chef der Wirtschaftskammer Österreich, hat seine Reform der Kammer-Organisation innerhalb der eigenen Wirtschaftsbund-Reihen gerade noch retten können, muss aber Abstriche machen. Eine grundlegende Struktur-Reform wird wohl die Aufgabe seines Nachfolgers.

Die Präsidenten von vier Landeskammern hatten wie berichtet von Leitl in einem Brief noch klärende Gespräche gefordert. Unterzeichnet hatten Walter Ruck (Wien), Sonja Zwazl (Niederösterreich), Konrad Steindl (Salzburg) und der Burgenländer Peter Nemeth. Sie sprachen sich nicht gegen die Reform aus, forderten aber noch klärende Gespräche, da das von sechs Arbeitsgruppen ein Jahr lang ausgearbeitete Konzept so nicht beschlussfähig sei.

Daraufhin begannen hektische Verhandlungen und in aller Eile wurde wiederum eine Arbeitsgruppe einberufen. Beim Thema Finanzierung stimmten die Länder schließlich zu. "Wir haben alle Augen zugedrückt", berichtet ein Involvierter. Insgesamt geht es um 134 Millionen Euro. Ab Beginn 2019 werden die Kammer-Beiträge für die Unternehmen um in Summe 100 Millionen Euro gesenkt. Das sind im Durchschnitt rund 15 Prozent pro Mitglied. Außerdem werden Mehrfach-Zahlungen bei der Grundumlage abgeschafft und Gründer werden für ein Jahr befreit.

20 Millionen, die an der Reform der Gewerbeordnung hängen, sind allerdings noch offen. Und 34 Millionen Euro sind zusätzlich für neue Serviceleistungen vorgesehen, auch das ist den vier Ländern nach wie vor zu wenig konkret. "Damit soll eine Innovationsagentur aufgebaut werden. Die Außenwirtschaftszentren werden vernetzt und liefern aus der ganzen Welt die neuesten Trends", erklärt Leitl. Für Kleinstunternehmer solle die Kammer als Kontaktvermittlerin (Chamber-Parship) dienen.

Nicht durchgebracht dagegen hat Leitl den geplanten Eingriff in die finanzielle Autonomie der Fachgruppen, die Basis-Bausteine der Kammer-Organisation, die sich über die Grundumlage finanzieren. Beim Wirtschaftsparlament am Donnerstag, quasi der Kammer-Vollversammlung, wird im Gegenteil die Autonomie der Fachgruppen besonders betont werden.

Finanzausgleich für schwache Länderkammern

Den beitragsschwachen Kammern Burgenland und Kärnten sei man "entgegengekommen", sagt Leitl. Über eine Art kammerinternen Finanzausgleich werden die zwei Länder finanziell unterstützt.

Leitl sieht seine Reform sehr wohl strukturell: "Wir nehmen den Faktor 10 in Angriff. Nicht alle Kammern, neun Länder und die Bundeskammer, machen alles zehn Mal." Mithilfe der Digitalisierung könnten in den Ländern Kompetenzzentren aufgebaut werden. Beispielsweise könne Tirol ein solches für Tourismus werden und die anderen beliefern.

Da der ÖVP-Wirtschaftsbund die Mehrheit unter den 128 Delegierten hat, wird die Reform Light durchgehen. Die Grünen werden dagegen stimmen. Fraglich ist, ob der Sozialdemokratische Wirtschaftsverband (SWV), die Freiheitlichen und die Industriegruppe ihren Sanctus geben. Bei Redaktionsschluss dieser KURIER-Ausgabe berieten die Fraktionen noch. SWV-Chef Christoph Matznetter etwa verlangt eine "durchgreifende Reform" und kritisiert, dass Großunternehmen bevorzugt würden.

Gewerbereform

Während ÖVP und SPÖ noch immer über die Details einer neuen Gewerbeordnung verhandeln, wären einige Länderkammern wesentlich weiter gegangen. Sie plädierten für einen einheitlichen, freien Gewerbeschein. 175.000 der 600.000 Kammer-Mitglieder machen weniger als 5000 Euro Jahresumsatz. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Nebentätigkeiten. Fragt sich, ob dafür wirklich ein Gewerbeschein notwendig ist, meint ein Insider. Da aber nur fünf Länder für die Liberalisierung waren, wurde im Wirtschaftsbund gar nicht abgestimmt. Für derart weitreichende Entscheidungen bräuchte es eine stärkere Mehrheit, wird argumentiert.

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