Putin: „Abhängigkeit schafft Stabilität“
Wladimir Putin hielt vor seinem Abflug noch einen kurzer Vortrag in der Wiener Wirtschaftskammer. Der Prunksaal war am Dienstag Abend gefüllt mit prominenten heimischen Unternehmern und Managern. WKO-Präsident Christoph Leitl schlug in der Eröffnungsrede freundliche Töne an. "Jetzt bin ich schon so lange Präsident, dass ich Sie zum dritten Mal nach 2001 und 2007 hier begrüßen darf." – "Diktatur", gab Putin auf Deutsch zurück. Das Publikum lachte, aber Leitl verschlug es die Sprache, er rang minutenlang nach einer Erwiderung.
Beim Thema Politik fiel ihm eine ein. Leitl erinnerte an den Ausbruch des Ersten Weltkriegs vor hundert Jahren, und dass man daraus gelernt habe, wie wichtig es sei, gegen Nationalismen zu anzukämpfen. "Herr Präsident Putin, wie Sie wissen, gehörten Teile der Ukraine 1914 zu Österreich." – "Was soll das heißen?", gab Putin zurück. Der neben ihm sitzende Bundespräsident Heinz Fischer machte eine beschwichtigende Geste.
Auch beim Thema Wirtschaftsbeziehungen machte der russische Präsident keine Mördergrube aus einem Herzen. "Gegenseitige Abhängigkeit ist die Grundlage für Stabilität", dozierte er mit Verweis auf "Politiker, die meinen, man müsse die Abhängigkeit von russischer Energie reduzieren". Man brauche sich vor der Abhängigkeit von Russland nicht zu fürchten, denn diese sei gegenseitig.
Lohn für Verlässlichkeit
"Niemand kann mir unterstellen, dass es mir ausschließlich um wirtschaftliche Interessen geht", sagte Bundespräsident Heinz Fischer in seinem Statement vor den Wirtschaftskapitänen. "Aber es kann mir auch nicht egal sein, wie es unserer Wirtschaft geht." Das Staatsoberhaupt erinnerte daran, dass Russland außerhalb der EU der drittwichtigste Wirtschaftspartner Österreichs nach den USA und der Schweiz ist.
1200 heimische Unternehmen sind am russischen Markt tätig, 550 davon mit einer eigenen Niederlassung. Die Holz- und Papier- bzw. Verpackungsindustrie (Mayr-Melnhof, Hasslacher, Mondi) ist dabei ebenso vertreten wie die Bauindustrie (Strabag, Wienerberger). Stark engagiert sind die Raiffeisen Bank International und Uni Credit Bank Austria. Die RBI ist mit 2,7 Millionen Kunden die zehntgrößte Bank des Landes und hat Kredite von mehr als 10 Milliarden Euro vergeben.
Gazprom und OMV setzen auf die Macht der Fakten. Die EU-Kommission hat massive Bedenken gegen den Betrieb der neuen Gaspipeline South Stream durch die Gazprom. Aber "Europa braucht mehr Gas, und russisches Gas ist nicht zu ersetzen", lautete der trockene Kommentar von OMV-Chef Roiss bei der Vertragsunterzeichnung am Dienstag in Wien.
Der Vertrag zwischen Gazprom und OMV betrifft nur den Bau und nicht den Betrieb der letzten 50 Kilometer der South Stream über Ungarn bis zum Gasverteilerzentrum Baumgarten in Niederösterreich. Darauf hat Gazprom-Chef Alexei Miller mehrmals hingewiesen.
Bereits 2017 soll mit der South Stream zusätzliches Gas von Russland durch das Schwarze Meer sowie über Bulgarien und Serbien bis nach Österreich gepumpt werden. Bis dahin ist noch Zeit, mit der EU-Kommission eine Lösung zu finden. Gazprom und OMV hoffen auf eine Ausnahmegenehmigung für den Betrieb der Pipeline, mit der die Ukraine beim Gastransfer nach Europa umgangen wird.
Eigentlich ist es laut EU-Recht verboten, dass Infrastruktur-Einrichtungen wie eine Pipeline von einem Gaslieferanten benutzt und kontrolliert wird. Dazu kommt, dass sich derzeit keine politische Lösung des Konflikts in der Ostukraine abzeichnet. Russland hat die Gaslieferungen an die Ukraine eingestellt. Beim Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs am Freitag soll eine Erklärung beschlossen werden, laut der "relevante Infrastrukturprojekte" nur "unter Beachtung aller EU-Binnenmarkt- und Wettbewerbsregeln" umgesetzt werden dürfen.
Dazu kommt, dass die OMV der Gazprom 25 Prozent ihres derzeit noch 65-Prozent-Anteils an der Gasbörse CEGH (Central European Gas Hub) anbietet. Über die CEGH wird jenes Gas gehandelt, das in Baumgarten ankommt. Daher das Interesse der Gazprom am Kauf der Anteile. Dieses Geschäft wird sowohl von der heimischen Aufsichtsbehörde E-Control als auch von der EU-Kommission geprüft.
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