Glück muss man haben und die richtigen Leute kennen. Dominik Thor und Dominik Duscher haben beides. Sie schafften es, Top-Investoren aus Deutschland und der Schweiz für ihr Start-up Tomorrowlabs zu begeistern und in den milliardenschweren Markt für Anti-Aging-Produkte einzusteigen.
Eigentlich begann alles mit einem Zufall. Die deutsche Moderatorin Nina Ruge stand bei der alljährlichen Verleihung des Houska-Preises der B&C-Holding auf der Bühne des größten privaten Forschungspreises in Österreich. Als Give-away wurde ein Gel von Tomorrowlabs verteilt.
Die beiden Gründer waren über den Deutsch-Österreicher Hanno Bästlein in den Event hinein gekommen. Bästlein war im Vorstand der B&C-Gruppe, nach der Staatsholding die zweitgrößte heimische Industrieholding. Thor, studierter Betriebswirt und Pharmakologe, hatte Bästlein während seiner Zeit als Banker kennengelernt und als Angel Investor in das Start-up geholt.
Dealmaker
Nina Ruge soll vom Werbegeschenk so begeistert gewesen sein, so erzählt es Thor, dass sie ihrem Mann Wolfgang Reitzle davon vorschwärmte. Der 70-Jährige ist einer der bekanntesten Manager Deutschlands und heute Aufsichtsratschef des Gas- und Technologiekonzerns Linde sowie von Continental.
Jetzt kam so richtig Schwung in die Story. Reitzle kontaktierte Alexander Dibelius. Der durchaus umstrittene Investmentbanker war als Chef von Goldman Sachs für Deutschland, Österreich, Russland und Osteuropa vom Managermagazin zum „genialsten Dealmaker der Republik“ geadelt worden.
Der Kitzbühel-Fan erwarb bei spektakulären Transaktionen wie den Fusionen von Daimler-Chrysler oder Vodafone-Mannesmann ein Vermögen. Seit 2015 ist Dibelius Deutschland-Chef von CVC. Der in Luxemburg domizilierte Fonds gehört weltweit zu den zehn größten Private-Equity-Fonds. Dibelius, der persönlich oft gleich mit investiert, kaufte für CVC beispielsweise die Uhrenmarke Breitling. Das Problemkind im Portfolio ist jedoch die Parfümeriekette Douglas.
Für Thor & Duscher allerdings schon wieder ein Glücksfall. Denn Dibelius vermittelt den beiden Freunden den Kontakt zu Tina Müller, der Chefin von Deutschlands größter Parfümeriekette. „Wir hatten bis dahin nur über rund 300 Ärzte, plastische Chirurgen und Dermatologen verkauft“, schildert Thor. Der Response der Mediziner sei toll gewesen, doch der Vertrieb über die Arztpraxen bringt nur bescheidene Umsätze, so in der Größenordnung von 200.000 Euro.
Bei Douglas gelistet
Das Listing in einer Parfumeriekette kann die Verkaufszahlen rasch in ganz andere Dimensionen katapultieren. Seit Februar 2020 werden die in klinischem Weiß verpackten Anti-Falten-Cremes und Haarwuchs-Mittel in den 35 größten Douglas-Filialen in Deutschland ausgerollt. Seit 1. Juli gibt’s Tomorrowlabs auch in den österreichischen und Schweizer Douglas-Standorten.
Douglas hat die exklusiven Vertriebsrechte für ganz Europa und will Tomorrowlabs groß ausrollen. Thor und Duscher fokussieren sich auf die nächsten Märkte – Asien, USA, Russland und Brasilien.
Vertrauen der Verkäuferinnen wichtig
Ganz wichtig sei die Schulung der Verkaufsmitarbeiter, was durch die Corona-Krise „schwierig wurde. Eine der wesentlichen Voraussetzungen für den Erfolg einer Marke ist das Vertrauen der Verkäuferinnen“, berichtet Thor im Gespräch mit dem KURIER. Als kleine Marke könne man nicht klotzen wie die Großen, „wir können nur durch Qualität und Wirkung überzeugen“.
Thor ist für den kaufmännischen Bereich zuständig, Partner Duscher für den wissenschaftlichen Part. Er beschäftigte sich während des Studiums in den USA mit Wundheilung und leitet die Forschung an der Klinik für Plastische Chirurgie der Technischen Universität München.
Die Jungunternehmer – und ihre Investoren – sind überzeugt, ein Mittel gegen Falten gefunden zu haben. Ihre Produkte basieren auf einer Wirkstofftechnologie (HIF) für die Regeneration der Zellen. 2019 wurden William G. Kaelin, Sir Peter J. Ratcliffe und Gregg L. Semenza für diese Entdeckung mit dem Medizin-Nobelpreis ausgezeichnet.
Patente sind im Laufen, produziert wird bei einer Tochter der Donau Chemie in Ried im Traunkreis, OÖ. Wieder ein glücklicher Zufall, dass Thor Isabella de Krassny, Ehefrau des Donau-Chemie-Eigentümers, aus seiner Banker-Vergangenheit kennt.
Riesiger Markt
Der lukrative Markt für Anti-Aging-Produkte wächst rasant. Die Zielgruppe wird dank der demografischen Entwicklung immer größer. Die US-Marktforschungsfirma Lucintel schätzt, dass der weltweite Markt bis 2023 auf 66 Milliarden Dollar anwächst. Die renditeträchtigen Spannen werden genauso geheim gehalten wie die Zusammensetzung der Mixturen. Seit einigen Jahren forciert die Branche die sogenannten Doctor-Brands – Pflegemittel, die medizinischen Nutzen versprechen.
Preis bis 150 Euro
Die Konsumenten sind bereit, viel Geld auszugeben. Tomorrowlabs liegt in der Preisgruppe zwischen 90 und 150 Euro pro Packung. Für Thor „mittlere Preisklasse. Nach weiter oben wird’s dann schon dünn“.
Er und Freund Duscher halten je 27 Prozent am Unternehmen. Bästlein 16 Prozent, Reitzle und Ruge zusammen 18 Prozent. Im Frühjahr stieg über eine Kapitalerhöhung auch noch der Schweizer Unternehmer Michael Pieper mit zehn Prozent ein. Der 74-Jährige vereint in seiner Artemis-Group etliche Industriebetriebe sowie die Privatbank Berenberg und Start-ups. Er gilt mit einem Vermögen von vier Milliarden Dollar als einer der reichsten Schweizer.
Moderatorin Ruge brachte übrigens kürzlich gemeinsam mit Duscher ein Buch heraus. Dessen vielversprechender Titel: „Altern wird heilbar“.
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