Hausdurchsuchungen gab es bei den bei den beiden Ex-Ministern Hartwig Löger und Josef Pröll, beim Chef der staatlichen Beteiligungsholding ÖBAG, Thomas Schmid, sowie bei Raiffeisen-Generalanwalt Walter Rothensteiner.
Im Zentrum steht eine Aktennotiz Rothensteiners, aus der Die Presse zitiert: Löger habe mit Novomatic-Eigentümer Johann Graf konferiert, der irgendeinen Hintergrunddeal mit den Blauen habe. Sidlo sei ein Muss. Rothensteiner habe Löger gesagt, er müsse seine Funktion überdenken, der Minister habe gebeten, ihn zu verstehen. Er werde mit Pröll und Sazka reden, damit Sidlo einstimmig bestellt werden könne.
Zum besseren Verständnis: Bei der Bestellung von Sidlo als Finanzvorstand des Casinos-Konzerns (Casag) im März 2018 regierte Türkis-Blau. Sidlo wurde mit den Stimmen aller Aufsichtsräte bestellt, auch der Betriebsräte. Nur die Vertreter des größten Aktionärs, der tschechischen Sazka-Group (38 Prozent), enthielten sich der Stimme.
Die Staatsholding hält ein Drittel an der Casag, der Gaming-Konzern Novomatic 17 Prozent. Rothensteiner ist für die ÖBAG Aufsichtsratsvorsitzender der Casag, Pröll (Chef der Raiffeisen-Industrieholding LLI) einer seiner Stellvertreter.
Die Staatsanwaltschaft geht in der Begründung für die Hausdurchsuchungen bereits davon aus, dass der Deal zwischen Novomatic und FPÖ um Konzessionsvergaben fix sei. Das muss allerdings erst einmal bewiesen werden. Beide Seiten bestreiten. Die ersten Lizenzen der teilstaatlichen Casinos Austria laufen erst 2027 aus.
Die Beschuldigten hätten eine diesbezügliche Vereinbarung zumindest ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden, den „nicht geeigneten“ Sidlo zu bestellen. Auch von „ausgeübtem politischen Druck“ aus parteipolitischen Erwägungen ist die Rede.
Konstruiert
Daraus wird der Vorwurf der Untreue konstruiert. Ziemlich dünnes Eis, meinen dazu unabhängige Rechtsexperten.
Auffallend ist jedenfalls der Zeitpunkt der Hausdurchsuchungen. Den Aktenvermerk muss die Justiz bereits seit Wochen haben. Aber erst jetzt, kurz vor der sehr wahrscheinlichen Bildung einer türkis-grünen Regierung, werden zwei Ex-ÖVP-Minister als Beschuldigte geführt. Sowie ein hoher Raiffeisen-Manager und der Chef der Staatsholding, beide ebenfalls ÖVP.
Unangenehm
Für Löger könnte die Rolle als Beschuldigter besonders unangenehm werden. Er soll wieder Finanzminister werden. Die Opposition wird sich mit viel Vergnügen auf einen Finanzminister einschießen, der als Beschuldigter geführt wird. Obendrein in einer Causa, bei der es um ein Unternehmen im Einflussbereich des Staates geht.
Die Staatsanwaltschaft weist den Verdacht, politisch zu agieren, heftig zurück. „Die Hausdurchsuchungen wurden gerichtlich bewilligt, vorher wurde auch an die Oberstaatsanwaltschaft berichtet“, erklärt Sprecher Rene Ruprechter. Man sei gesetzlich verpflichtet, jedem Verdacht nachzugehen. Die Causa wird als Verschlussakt geführt, der besonderer Geheimhaltung unterliegt.
Differenziert
Außerdem stellt sich die Frage, ob Sidlo tatsächlich ganz so unqualifiziert war. Der Personalberater Zehnder beurteilte ihn durchaus differenziert. Fachlicher Tiefe, insbesondere bei Kapitalmarktthemen und Regulierung, stünde mangelnde Konzernerfahrung gegenüber. Sidlo würde zwar in den meisten Auswahlverfahren für den direkten Einstieg als CFO „wahrscheinlich keine Berücksichtigung finden“, doch der Aufsichtsrat könne dies durch die Geschäftsverteilung kompensieren. Konzernchefin Bettina Glatz-Kremsner stellte Sidlo kürzlich ein gutes Zeugnis aus.
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