Wirtschaft: Österreich holt Vorsprung heraus
Viel Eigenlob, wenig Selbstkritik: Auf diesen einfachen Nenner lässt sich die Präsentation des "Wirtschaftsbericht Österreich 2012" der Bundesregierung durch vier ihrer Minister bringen. Von "Österreich als positives Beispiel für schwierige Zeiten" oder "Österreich konnte sich absetzen" war am Montag die Rede. Die Regierung nimmt für sich in Anspruch, seit Ausbruch der Krise durch ihre "aktive Konjunktur- und Wachstumspolitik " die wirtschaftliche Position des Landes gestärkt zu haben, während rundum die Staaten massive Probleme haben. "Europa spricht erst jetzt über das, was wir schon beschlossen haben", sagte Finanzministerin Maria Fekter. "Wir denken nicht nur in Legislaturperioden", ergänzte Infrastrukturministerin Doris Bures.
In der Tat zeigt der 157 Seiten starke Bericht eine gute Position Österreichs. So wird die Wirtschaft des Landes mit 0,6 bis 0,8 Prozent zum elften Mal in Folge schneller wachsen als der EU-Durchschnitt. "Das wird auch in den nächsten Jahren so sein", zitierte Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner aus dem Bericht.
Beschäftigungsstand
Sozialminister Rudolf Hundstorfer wiederum hob den höchsten Beschäftigungsstand seit 1945 hervor. Bei den Arbeitslosen sei Österreich seit eineinhalb Jahren auf dem tiefsten Stand in der EU, die Jugendarbeitslosigkeit sei die zweitniedrigste. Und Fekter verwies auf das beschlossene Budget. "Wachstum und Konsolidierung der Finanzen sind kein Widerspruch. Wir haben keine Maßnahme gesetzt, die das Wachstum bremst. Das ist der österreichische Weg."
Dieser Weg hat aber auch Stolpersteine. So steigen die Kosten bei Pensionen und im Gesundheitsbereich stark an. Fekter: "Das müssen wir in den Griff kriegen." Hundstorfer appelliert an die Arbeitgeber: "Ältere Arbeitnehmer sind ein Asset und keine Belastung."
Mitterlehner wiederum mahnt Strukturreformen ein. Zudem will er die Abhängigkeit der Exporte, die ein wesentlicher Faktor für das Wachstum darstellen, von Europa weiter verringern. Nur 20 Prozent der Auslieferungen gehen in andere Märkte. "Wir müssen in die Wachstumsmärkte gehen. Da haben wir noch ungeahnte Möglichkeiten." Insbesondere die Klein- und Mittelbetriebe will er dabei unterstützen. Verstärkt sollen auch Mittel in die Forschung fließen. Kritik übte Mitterlehner an den hohen Lohnstückkosten. "Das ist problematisch."
Tadel
Der Bericht zog eine Reihe von Reaktionen nach sich. "Auch wenn Österreich im internationalen Vergleich relativ gut dasteht, muss das auch bei den Menschen ankommen. Denn die hohen Preise machen vielen von uns das Leben kaum leistbar", sagte AK-Präsident Herbert Tumpel. Einmal mehr forderte er Vermögenssteuern. Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung, lehnt hingegen Steuererhöhungen strikt ab. "Diese kosten Wachstum und Arbeitsplätze." Und ÖGB-Präsident Erich Foglar warnt vor Sozialabbau. "Den Sozialstaat sichern heißt Wachstum schaffen."
Bank-Austria-Chefökonom Stefan Bruckbauer sieht in dem Bericht die aktuelle Situation "von den Mühen der Ebene und dem Prinzip Hoffnung gekennzeichnet". Die Wachstumsprognosen stünden unter dem Vorbehalt, dass die Krise nicht wieder voll zuschlägt. Der Ökonom Fritz Breuss schätzt in dem Bericht die Kosten für die heimische Wirtschaft bei einem Ausstieg Griechenlands aus der Eurozone auf 10,9 Mrd. Euro.
Fekter selbst steht zum europäischen Schuldenpakt. "Solidarität ist gefragt. Keine Stabilität in den Nachbarländern wirkt sich auch auf uns aus." Die Finanzindustrie müsse aber selbst zur eigenen Stabilisierung beitragen.
Der Wirtschaftsbericht kann unter www.bmwfj.gv.at heruntergeladen werden.
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