Wirtschaft für Dummys

Von der Perspektive Einzelner bis zu Freihandelszonen.
Ein KURIER-Kulturredakteur hat das Erklärwerk – erfolgreich – studiert.

Die Leute kaufen deine Aktien? Ja –"Du bekommst Eigenkapital zum Wirtschaften." Nein –"Du machst irgendetwas falsch. " Selten lässt sich der Prozess eines Börsegangs so unterhaltsam studieren wie in dem Flussdiagramm, das der Grafiker Jan Schwochow und der Journalist Thomas Ramge in ihrem Buch "Wirtschaft verstehen" vorlegen.

Infografiken galten lange Zeit ja als humorfreies Medium. Gerade im Kontext der Wirtschaft sollten Anhäufungen von Torten, Balken und Organigrammen eher Übersicht als Verständnis und Unterhaltung bieten. Das hat sich grundlegend geändert – wohl auch durch die visuelle Kommunikation in Sozialen Medien und durch hippe Magazine wie brand eins, für das Autor Ramge auch tätig ist.

111 Infografiken

Das bedeutet nicht, dass die Einführung in die Welt der Wirtschaft in 111 Infografiken, die nun in einem Schulatlas-ähnlichen Format vorliegt, nicht auch komplex wäre: Die mehr als 230 Seiten, die sich meist zu doppelseitigen Panoramen ausbreiten, sind dichte Informationspakete, zu deren Entpackung es Zeit und Konzentration braucht.

Zugleich fasziniert, welches uferlose Territorium das Buch auf grafische Weise aufbereitet: Von der Mikro-Perspektive des einzelnen Menschen und seinen wirtschaftlichen Verhältnissen (Arbeiter/Angestellter/Freiberufler, arm/reich...) gehen die Autoren in immer größere Zusammenhänge, durchleuchten Produktionsprozesse, Firmenstrukturen, Volkswirtschaften und Freihandelszonen. Den zentra-len Wirtschaftstheorien von Aristoteles bis Milton Friedman ist ein Kapitel gewidmet, dem Thema Nachhaltigkeit und Ressourcen ebenso.

Lebensnahe

Sowohl Grafik als auch Sprache zielen auf starke Bilder und lebensnahe Geschichten ab: So wird die Wirtschaftspolitik mit einem "Konjunktur-Mischpult" veranschaulicht, in dem man an verschiedenen Knöpfen drehen kann wie ein DJ an seinem Soundmix. Eine Explosionszeichnung eines Boeing-Flugzeugs verdeutlicht, welche Firmen und Nationen an einem solchen Gerät verdienen, und im Kapitel "Trends der Zukunft" blickt ein Mensch auf "Sternbilder", die eigentlich selbst kleine Diagramme sind und Zusammenhänge und Relevanz von Trends mit großen und kleineren Sternen verdeutlichen.

Natürlich wird ein solches Buch nie linear gelesen, für ein umfassendes Verständnis wirtschaftlicher Prozesse wird einem das einschlägige Studium nicht erspart bleiben. Als Referenzwerk, in dem man dank eines umfassenden Begriffsregisters immer wieder Nachhilfe zu einzelnen Themenfeldern nehmen kann, ist "Wirtschaft verstehen" aber ein wertvoller Band – und schön gemacht ist das Werk obendrein.

Thomas Ramge, Jan Schwochow: Wirtschaft verstehen – eine Einführung in 111 Infografiken. Econ Verlag, 38 €

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