Wirbel um Großprojekte
Nach dem total verspäteten und verteuerten Berliner Großflughafen BER wird nun auch das größte Projekt der Deutschen Bahn immer mehr zum Skandal. Ein internes Gutachten des Bundesverkehrsministeriums schätzt den Stuttgarter Hauptbahnhof und seine Zulaufstrecken noch teurer als befürchtet: „Stuttgart 21“ soll gut 6,8 Milliarden Euro und damit um die Hälfte mehr kosten als bisher veranschlagt.
Das ergäbe für den Bund, der Eigentümer der Bahn ist, sowie das Land Baden-Württemberg und die Stadt Stuttgart enorme Mehrkosten. Sie streiten schon jetzt um die bisher auf 4,5 Milliarden Euro geschätzten Kosten. Der Neubau des Hauptbahnhofs und mehrerer Zulaufstrecken im hügeligen Stadtgebiet soll das Zentrum von Stuttgart aufwerten und die Öffis dort wieder im Nahverkehr konkurrenzfähig machen. Der Widerstand eines Teils der Bevölkerung unter Führung der Grünen gegen den Abbruch des alten Bahnhofs hatte 2011 zur Abwahl der 60 Jahre lang regierenden CDU beigetragen. Baden-Württemberg ist seither das erste Bundesland mit einem grünen Regierungschef.
Dementi
Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) dementierte jedoch die in dem unveröffentlichten Gutachten seines Ministeriums geäußerte Ansicht, dass das Projekt mit den Kostensteigerungen „gescheitert“ sei und nur die Redimensionierung helfe: „Das ist Quatsch“. Der Bund müsse als Eigentümer der Bahn allerdings „sicherstellen, dass Schaden vom Unternehmen abgewendet“ werde.
Die Bahn äußerste sich bisher nicht dazu. Intern wird allerdings darauf hingewiesen, dass zuletzt aus mehreren Unions-geführten Ministerien kritische Roh-Berichte der Presse zugespielt worden seien, die den Ministern im Wahlkampf schaden.
Berliner Desaster
Beim BER, dessen Kosten und Bauzeit sich inzwischen verdoppelt haben, ohne dass ein Ende absehbar wäre, hat die Öffentlichkeit bisher nur den Berliner Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) als Aufsichtsratsvorsitzenden der Flughafengesellschaft verantwortlich gemacht. Er und sein Nachfolger dort, Brandenburgs Ministerpräsident Wolfgang Platzeck (SPD), vertreten je 40 Prozent daran, Ramsauer für den Bund nur 20. Von ihm ging zuletzt die Initiative dafür aus, den Aufsichtsrat und die Unternehmensführung des Flughafens zu erneuern.
Auch die vielbeachtete Kosten- und Zeitexplosion beim Bau der „Elbphilharmonie“ in Hamburg hatte die Abwahl der letzten CDU-Stadtregierung maßgeblich befördert. Die Skandale nähren das Misstrauen der Bevölkerung gegen die unentbehrlichen Großprojekte der „Energiewende“.
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