Im März wurde der mehr als vier Milliarden Euro schwere Borealis-Deal der OMV vorzeitig publik. Wolfgang Berndt, erst kürzlich als Aufsichtratschef ausgetauscht, vermutete das Leak im Aufsichtsrat. Er beauftragte die Anwaltskanzlei Wolf Theiss, allen Aufsichtsräten auf den Zahn zu fühlen. Ein gegenüber einem solchen Gremium äußerst unübliches Vorgehen. Es war nicht anzunehmen, dass Kapitalvertreter ihre Handys und Laptops durchwühlen lassen würden. Diese Untersuchung wurde dann auch abgeschlossen, ohne Verdächtige identifiziert zu haben, auch nicht unter den Belegschaftsvertretern.
Darüber hinaus verfolgten die Revision und angeblich auch eine zweite Anwaltskanzlei im Auftrag des Vorstands unter OMV-Chef Rainer Seele mögliche Leaks in der Belegschaft, die nicht nur den Borealis-Deal, sondern auch andere Themen betrafen. Durch einen Zufallsfund soll eine Spur in Richtung Assistentin geführt haben. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Angeblich seien nicht nur Diensthandys, sondern auch ein Betriebsrats-Laptop untersucht worden, jedoch nicht von Asperger. Man habe Informationen, ist zu hören, auf Geräten gefunden, die aus Compliance-Gründen dort nicht hingehörten. Die Untersuchungen gegen einen dritten Betriebsrat wurden wieder eingestellt.
Die OMV einigte sich nun mit Asperger, 56, und ihrer Assistentin über eine einvernehmliche Beendigung der Dienstverhältnisse. Asperger war für den KURIER nicht erreichbar. OMV-Sprecher Andreas Rinofner erklärte dazu, persönliche Entscheidungen von Mitarbeitern kommentiere man nicht. Ein langjähriger Kapitalvertreter im Aufsichtsrat sagte dazu gegenüber dem KURIER, der Aufsichtsrat habe die Arbeit von Asperger sehr geschätzt. Vor allem, dass die Betriebsratschefin den Borealis-Deal mitgetragen habe.
Die in der Gewerkschaft gut verankerte Asperger legte auch ihre Funktionen im ÖGB (Frauenvorsitzende in NÖ) und im Vorstand der AK Niederösterreich zurück. Sie hatte in der OMV als Lehrling begonnen und schaffte 2018 als erste Frau den Sprung an die Spitze des Konzernbetriebsrates.
Ihr Vize Lindner, Chef des Betriebsrates Downstream (Raffinerie), fiel im Unternehmen durch frauenfeindliche Bemerkungen auf. Er pflegt mit Seele das Du-Wort. Auch Kapitalvertreter wunderten sich, als Lindner, 59, im Vorjahr eine Gehaltserhöhung für Seele einforderte. Nach Aspergers Rücktritt muss die Konzernvertretung neu gewählt werden.
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