Post-Manager Oblin: "Wir spionieren niemanden aus"

Post-Manager Oblin warnt davor, dass am Ende Facebook und Google von der Causa profitieren

Vor einigen Wochen wurde bekannt, dass die Post Daten von 2,2 Millionen Österreichern zur Parteiaffinität gesammelt und an Parteien verkauft hat. Die Daten wurden gelöscht. Jetzt führt die Datenschutzbehörde trotzdem ein Verwaltungsstrafverfahren gegen die Post durch. Im KURIER nimmt Walter Oblin, Generaldirektor-Stellvertreter der Post AG, zur Causa Stellung.

KURIER: Wissen Sie, welche Partei ich bei der letzten Wahl gewählt habe? Walter Oblin: Nein.

Wie gehen Sie mit dem Verwaltungsstrafverfahren der Datenschutzbehörde um?

Indem wir einiges klarstellen. Wir sammeln keine Daten zur Parteizugehörigkeit der Österreicher. Wir spionieren niemanden aus. Wir lesen auch keine Briefe. Und wir überprüfen auch nicht, wer von wem Post bekommt. Was wir gemacht haben: Wir haben statistische Hochrechnungen durchgeführt. Auf Basis von Wohnort und Wahlstatistiken.

War das gesetzeskonform?

Wir sind seit 20 Jahren in der Erhebung und im Verkauf von Adress- und Marketingdaten tätig. Rechtsgrundlage dafür ist die Gewerbeordnung. Im Rahmen der Gewerbeordnung stellen wir unseren Kunden Zielgruppendaten für Werbezwecke zur Verfügung. Das alles begann im Jahr 2001.

Seit wann aber wurde die Parteiaffinität hochgerechnet?

Das begann vor wenigen Jahren, als wahlwerbende Gruppen auf uns zukamen.

Walter Oblin über Daten von Postkunden

Die Post hat die Daten zur Parteiaffinität nach Bekanntwerden der Sache sofort gelöscht. Warum?

Wir müssen selbstkritisch eingestehen, dass wir die Sensibilität des Themas unterschätzt haben.

Also wenn jetzt eine Partei auf Sie zukommen würde ...

... würden wir natürlich keine Hochrechnungen zur Parteiaffinität anbieten.

Die Post verwaltet rund drei Millionen Profile und Datensätze. Was ist da eigentlich alles gespeichert?

Daten wie Adresse, Name, Geburtsdatum, Geschlecht und eventuell der akademische Titel. Das sind Daten, die wir gesetzlich erlaubt als Adressverlag erheben dürfen. Aufgrund dieser Daten können wir Hochrechnungen für Marketingkampagnen durchführen.

Also wenn ich etwa als Unternehmen für meine Rasenmäher Werbefolder verschicken will ...

... berechnen wir anhand dieser Daten, in welchen Briefkästen das statistisch gesehen sinnvoll ist. Vor allem, wenn man noch zusätzlich weiß, dass eher Männer in einem bestimmten Alter Rasenmäher kaufen.

Es wird kritisiert, dass die Post die Daten zur politischen Vorliebe in dieselbe Kategorie eingeordnet hat wie Vorlieben für – sagen wir – Rasenmäher.

Wissen Sie: Marketingdaten für politische Bewegungen waren nur ein ganz kleiner Teil unseres Geschäftes. Der Großteil unseres Geschäftes bestand und besteht darin, werbende Unternehmen wie etwa dem Handel Zielgruppendaten zur Verfügung zu stellen.

Walter Oblin über Unternehmen, die Werbung nutzen

Die Post sagt jetzt, dass das ganze Direktmarketing in Gefahr ist. Ist das nicht übertrieben?

Das ist sogar eine große Gefahr. Wie schon gesagt: Die Zuordnung der Briefkastenwerbung basiert auf der Kombination von Wohnort plus Geschlecht plus Alter und anderen soziodemografischen Merkmalen. Wenn man aufgrund des Verwaltungsstrafverfahrens das in Zukunft als personenbezogene Daten sieht, dann wäre die Konsequenz fatal.

Inwiefern?

Die heimische Wirtschaft dürfte keine zielgerichteten Flugblätter und Werbeprospekte mehr via Post an Haushalte verschicken. Diese Werbung würde bei Facebook oder Google landen. Also bei internationalen Unternehmen, die hierzulande kaum Wertschöpfung bringen.

Um wie viel Geld geht es da?

Die ganze Direktmarketingbranche in Österreich verursacht eine Wertschöpfung von einer Milliarde Euro. Da geht es nicht nur um die Post, sondern auch um Agenturen und Druckereien und um Menschen mit Jobs. 70 bis 80 Prozent dieser Wertschöpfung würden dann im Silicon Valley landen.

Ich merke: das ärgert Sie.

Weil wir die Falschen sind, die hier über den Dorfplatz getrieben werden.

Bei der Post spricht man sogar von einer Kampagne.

Ja. Weil es erstaunlich war und zum Teil noch ist, mit welchen undifferenzierten Vorwürfen wir konfrontiert sind. Das reicht bis hin zu Aufrufen für Schadenersatzklagen.

Apropos: Sind schon Schadenersatzklagen eingetroffen?

Bisher nicht. Klar: Es ist ja kein Schaden entstanden. Denn, wo ist der Schaden, wenn Sie eine Werbung im Briefkasten vorfinden.

Die Post hat die Datenschutzbehörde kritisiert. Warum?

Das war nicht unsere Absicht. Unser Wunsch wäre aber ein stärkerer Dialog.

Ist das Vertrauen der Kunden in die Post erschüttert?

Es gab Verunsicherung, aber keine Vertrauenskrise. Das Thema ist wohl mehr eine Sache für eine kleinere Community. Die breite Bevölkerung sieht das anders.

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