Wiesbauer-Chef: "Wir sind stolz, dass Trünkel bei uns weiterlebt"

Ein Traditionsbetrieb schluckt einen anderen. Der Wurstproduzent Wiesbauer hat sich den für Sacherwürstel und Leberkäse bekannten Wiener Fleischer Trünkel einverleibt.
Mit dem KURIER sprachen die Geschäftsführer der beiden Unternehmen über die Hintergründe der Übernahme, was für die Zukunft geplant ist, und wieso die Fleischbranche schon seit Jahren in der Krise feststeckt.
Dass die Firma Trünkel neu übernommen werden soll, habe sich in der Branche schon länger abgezeichnet. Denn Michael Trünkel hat keinen Nachfolger in der Familie.
Der 63-Jährige plant schon länger, mit 65 Jahren in den Ruhestand zu gehen, und wollte hierfür rechtzeitig Vorkehrungen treffen.
Es gab mehrere Interessenten für die Übernahme
Interessenten hätte es mehrere gegeben, etwa auch aus dem Bereich des Großhandels. Und auch Mitbewerber Wiesbauer bekundete schnell Interesse.
"Aber zu Beginn war ich skeptisch. Immerhin kann man eine Firma nur einmal hergeben", erzählt Trünkel. Nach vier Verhandlungsgesprächen waren die Zweifel beseitigt und die Übernahme beschlossen.
Wie viel Geld für das Unternehmen Trünkel, das einen jährlichen Umsatz von rund 10 Millionen Euro erwirtschaftet, genau geflossen ist, wollen die Unternehmer nicht sagen.
"Vor acht Jahren habe ich eine Million Euro in die Hand genommen, um meine eigene Firma nach dem Ende der damaligen Leopold Trünkel GmbH zu starten. Zumindest dieses Geld wollte ich wiederhaben", sagt Trünkel dazu.
"Natürlich versucht man zu taktieren"
Auch Wiesbauer-Chef Thomas Schmiedbauer erzählt von den Verhandlungen. "Ich hätte mir gar nicht vorstellen können, dass wir nicht zusammen kommen. Natürlich versucht man ein bisschen zu taktieren, aber letztendlich muss man realistisch bleiben."
Schmiedbauer ist froh, Trünkel ins eigene Unternehmen integrieren zu können. "Für mich ist die Marke eine Institution", sagt er, "Das war immer so. Die drei Wiener: Wiesbauer, Trünkel und Radatz. Da sind wir schon stolz, dass Trünkel bei uns weiterlebt."
Die kommenden zwei Jahre wird Michael Trünkel weiter als Geschäftsführer fungieren, um danach pünktlich in Pension zu gehen. Wer Trünkel in der Geschäftsführung nachfolgen wird, sei noch nicht entschieden.
Trünkel-Mitarbeiter werden alle übernommen
Die rund 20 Trünkel-Mitarbeiter müssten sich keine Sorgen um ihre Jobs machen.
Im Gegenteil, wie Schmiedbauer meint: "Wir brauchen diese Mitarbeiter, um den Betrieb am Laufen zu halten. Wir bekommen hier ausgebildete Fachleute dazu. Wenn wir dieses Personal selbst ausbilden müssten, würde das Jahre dauern.“
Die Marke Trünkel will Schmiedbauer beibehalten und auch der Betrieb soll weiterlaufen wie bisher. Der Standort in Wien Liesing sei strategisch wertvoll und wird künftig möglicherweise noch weiter ausgebaut.
Wiesbauer will noch weitere Mitbewerber übernehmen
Für Wiesbauer ist Trünkel bereits die vierte Firmenübernahme. Erst im vergangenen Herbst wurde etwa die niederösterreichische Fleischerei Kabinger Teil des Unternehmens.
Und auch für die Zukunft sieht Schmiedbauer die Möglichkeit für Betriebsübernahmen: „Natürlich schauen wir nach links und rechts und zeigen Interessen, wenn etwa keine Nachfolge vorhanden ist.“
Gegründet wurde das Traditionsunternehmen 1931 vom Fleischer Franz Wiesbauer.
Mittlerweile gibt es unter dem Dach der Wiesbauer Holding AG vier Unternehmen: Die Wiesbauer Wurstsparte, Wiesbauer Gourmet für die Gastronomie, Wiesbauer Dunahús in Ungarn und Senninger by Wiesbauer mit Sitz in Saalbach, wo Würstel produziert werden.
Der Konzern beschäftigte vor der Trünkel-Übernahme insgesamt 920 Mitarbeiter und erwirtschaftet eine jährlichen Umsatz von rund 237 Millionen Euro.
Jedes Jahr verkauft die Wiesbauer-Gruppe 26.500 Tonnen an Wurst- und Fleischwaren.
Dass ein Unternehmen in der aktuellen wirtschaftlichen Lage durch Übernahmen wächst, sei unüblich, aber für ein gesundes Unternehmen wie Wiesbauer möglich.
„Es ist aber jetzt nicht so, dass wir jedes Jahr eine andere Firma kaufen können. Das gibt auch die Marktlage überhaupt nicht her“, stellt Schmiedbauer klar.
Fleischerbranche steckt weiterhin in der Krise
Denn ganz allgemein gehe es der Branche bereits seit mehreren Jahren schlecht. Der Rohstoff Fleisch werde immer teurer, gleichzeitig seien die meisten Konsumenten nicht bereit, für höhere Qualität entsprechend mehr zu bezahlen.
"Die Kunden wollen Tierwohl und Regionalität, verstehen aber oft nicht, dass das auch entsprechend Geld kostet", beklagt Schmiedbauer.
Und auch die Personalkosten sind hierzulande in den vergangenen Jahren stark angestiegen, seit 2022 um mehr als 20 Prozent. Fachkräfte kosten in Österreich mittlerweile deutlich mehr als etwa in Ungarn und Deutschland.
Mitbewerber aus genau diesen Ländern drängen wiederum auf den heimischen Markt, wo sie preislich die Nase vor den österreichischen Herstellern haben.
Aktuelle Lohnverhandlungen bislang ohne Einigung
Auch die aktuellen Lohnverhandlungen würden sich schwierig gestalten.
Schmiedbauer, der auf Seiten der Unternehmer an den Verhandlungen teilnimmt, sieht wenig Spielraum für weitere Gehaltserhöhungen: "Dass Unternehmer die Inflation ausgleichen müssen, steht in keinem Gesetz. Ich würde das ja gerne machen, aber wenn in einem Glas nicht mehr drinnen ist, kann man auch nicht mehr herausnehmen. So einfach ist das."
Die Arbeitnehmerseite beharrt trotzdem auf Erhöhungen. Erst kürzlich wurde die dritte Verhandlungsrunde ohne Einigung abgebrochen.
Kommentare