Wienerberger-Chef Scheuch: "Das war nicht die letzte Pandemie"
In schweren Zeiten muss man sich auf seine Stärken konzentrieren, sich zusammensetzen und reden, sagt Wienerberger-Chef Heimo Scheuch im Gespräch mit dem KURIER.
KURIER: Wienerberger hat vor Kurzem gute Umsatz- und Gewinnzahlen veröffentlicht. Wie gelang das trotz der aktuellen Krisen?
Heimo Scheuch: Die Krisen treffen uns wie jedes andere Unternehmen, wir jammern nur nicht so viel herum. Wir haben eine Vielzahl von Problemen zu lösen, wie hohe Energiepreise, Verfügbarkeiten, Zinserhöhungen, es gibt viele Dinge, die wir täglich managen müssen.
Und trotzdem waren Steigerungen drinnen?
Wienerberger hat sich im vergangenen Jahrzehnt extrem weiterentwickelt. Wir sind schon lange nicht mehr nur ein Ziegelunternehmen. Deshalb haben wir zum Beispiel auch keine Angst vor teurer Energie. Wir können investieren und uns von Abhängigkeiten lösen. Gebaut muss immer werden, der Hausbestand muss vermehrt werden.
Haben Sie bei Wienerberger schon das Ende der Pandemie ausgerufen?
Wir haben gelernt damit zu leben. Wir wollen flexibel sein und respektvoll aufeinander zugehen. Ich bin aber überzeugt, dass das nicht die letzte Pandemie war und nehme auch an, dass wir gerade in eine bewegte Zeit eingetreten sind. Es können noch viele Dinge passieren und es ist durchaus möglich, dass wir in zwei oder drei Jahren ganz andere Probleme haben.
An was denken Sie da?
Vor kurzem hat wahrscheinlich noch keiner gedacht, dass ein Blackout ein Thema wird. Die neuen Zeiten können viele Risiken für die Bevölkerung bringen, wie soziale Instabilitäten. Das Vertrauen in die Institutionen ist dramatisch zurückgegangen und wird weiter zurückgehen, wenn man nicht vehement aufräumt und mit der Vergangenheit bricht.
Welche Folgen hat das?
Politische Instabilität führt zu gesellschaftlicher Instabilität, das hat auch enorm starke Auswirkungen auf die Wirtschaft. Österreich ist in vielen Bereichen sehr erfolgreich, muss sich aber auch weiterentwickeln. Die Schweiz zum Beispiel entwickelt sich kontinuierlich weiter. Es gibt dort auch Herausforderungen, aber es wird mehr auf Bürgerbeteiligung gesetzt. Die Bürger werden dadurch mehr mitgenommen.
Experten warnen vor einer Deindustrialisierung Europas, viele Unternehmen könnten in die USA auswandern , wo Energie billiger ist.
Österreich und die EU haben auch ihre Stärken, sie müssen sie nur nützen, etwa im Technologie- oder Energie-Bereich. Man muss aber auch etwas tun und nicht nur zuschauen und warten. Man könnte das auch als Weckruf verstehen.
Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine ist nun in seinem zehnten Monat. Wie verfolgen sie ihn?
Es ist erschreckend, wie das durch Bilder und Berichte banalisiert wird. Die Zerstörung und das Leid sind furchtbar, Verurteilungen bringen auch nichts mehr. Wichtig wäre eine rasche Lösung und ein Weg heraus aus der Situation. Man muss an die Betroffenen vor Ort denken, man kann sich nicht vorstellen, in einer solchen Kriegssituation leben zu müssen. Das passiert vor unserer Haustüre, es ist furchtbar, dass wir nicht in der Lage sind, das Problem zu lösen.
Sehen Sie eine Lösung?
Wichtig ist, dass man sich zusammensetzt und redet. Wenn man sich in einer Konfliktsituation aus dem Weg geht, findet man keine Lösung. Es ist ernüchternd, dass Institutionen wie die UNO hier total versagt haben.
China wird global ein immer wichtigerer Handelspartner, gleichzeitig aber immer autoritärer. Macht ihnen das Sorgen?
Wienerberger ist dort nicht tätig, daher kenne ich den Markt nicht. Ich habe China nie als liberal oder demokratisch wahrgenommen, sondern immer als autoritär. Man muss sich fragen, mit wem man Geschäfte macht. Viele Unternehmen haben gejubelt, dass man mit dem autoritären China leichter Geschäfte machen kann. All denen kann ich nur viel Glück wünschen.
Viele Wirtschaftstreibende fürchten einen Angriff Chinas auf Taiwan und eine damit verbundene noch stärkere Halbleiter-Krise. Wie sehen Sie das?
Wir haben bei Wienerberger viele Halbleiter in Robotern, ich habe keine Wahrnehmung, dass wir zu wenig hätten. Es ist nicht einzuschätzen, was sich da zusammenbraut. Aber man sollte Provokationen unterlassen und aufeinander zugehen. Taiwan ist ein eigener Staat mit eigenen Strukturen, dass sollte inzwischen jedem bekannt sein. Das Land ist demokratisch gut entwickelt und wirtschaftlich gut vernetzt.
Was ist ihre Erwartung an 2023 hinsichtlich all der Unsicherheiten?
2023 wird alles, was wir 2022 erlebt haben, seine Fortsetzung finden. Die Probleme werden nicht von heute auf morgen verschwinden. Das wird noch viel länger dauern, als sich das manche vorstellen. Aber ich bin optimistisch, dass wir die Kraft und den Willen haben, diese Themen zu lösen. Man kann das auch als Reinigungsprozess sehen.
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