Wie sich die Arbeitslosigkeit verfestigt

Symbolfoto
WIFO-Bericht: Seit 2008 hat sich die Zahl der Langzeitbeschäftigungslosen von 53.000 auf 153.000 verdreifacht.

Die gute Nachricht: Seit Ende 2016 sinkt die Arbeitslosigkeit. Die schlechte Nachricht ist jedoch, dass sich nach schweren Krisen die Arbeitslosigkeit häufig auf höherem Niveau einpendelt als davor.

Das zeichnet sich auch in Österreich ab, ergibt ein neuer Bericht des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO). Demnach gelang es einem größeren Teil der Menschen nicht, wieder Fuß zu fassen.

Besonders bedenklich: Die Zahl derer, die langzeitig (über ein Jahr lang) ohne Beschäftigung sind, hat sich seit Ausbruch der Krise 2008 von 53.000 auf 153.000 nahezu verdreifacht (siehe Grafik unten). Mehr als jede dritte beim AMS vorgemerkte Person (37 Prozent) ist schon länger als ein Jahr auf Jobsuche – vor der Krise war es jede fünfte. Das WIFO sieht dafür mehrere Gründe:

Stigmatisierung Je länger jemand zu Hause sitzt, umso schwieriger wird es, weil sich Arbeitslosigkeit mit der Zeit verfestigt. „Ökonomen verwenden gerne die unschöne Bezeichnung Verlust an Humankapital“, sagt WIFO-Experte Rainer Eppel. Gemeint ist, dass wertvolle Erfahrung verloren geht. Dazu kommen häufig Vorbehalte der Arbeitgeber. Nach dem Motto: Es wird schon Gründe haben, dass er/sie so lange nichts gefunden hat.

Alter Mit den Lebensjahren steigt zwar nicht das Risiko, arbeitslos zu werden. Wenn es aber passiert, schaffen ältere Menschen schwerer einen Neueinstieg. Ein Drittel aller Langzeitbeschäftigungslosen in Österreich ist 50 Jahre oder älter.

Gesundheit Ein Risikofaktor nimmt mit dem Alter zu: Gesundheitsprobleme senken die Chancen auf eine Wiederbeschäftigung drastisch. Da der Ausweg in die Invaliditätspension gesetzlich erschwert wurde, steigen die Zahlen.

Ausbildung Wer nicht mehr als den Pflichtschulabschluss hat, für den wird es schwer. Die Hälfte (51 Prozent) der Langzeitbeschäftigungslosen kommt aus dieser Gruppe. Einfache, manuelle Aufgaben sind mit der Ablöse von Fabrik- durch Dienstleistungsjobs rar geworden. Wegen der Digitalisierung sinkt der Bedarf an Hilfstätigkeiten wohl weiter.

Hoher Konkurrenzdruck Der Arbeitsmarkt war jetzt jahrelang angespannt. Das Angebot an unselbstständigen Arbeitskräften ist seit 2008 um 412.000 Personen gestiegen – und klettert weiter: Die Menschen bleiben länger im Job, mehr Frauen arbeiten und der Zuzug bleibt kräftig. Ausländer werden übrigens laut WIFO rascher arbeitslos, sie haben dann aber kein erhöhtes Risiko, langfristig joblos zu bleiben.

Mehr Geld hilft Sparen

Was kann die Politik tun? „Vorbeugen ist effizienter als heilen“, sagt Eppel. Am besten werde der „Nachschub“ in die Langzeitbeschäftigungslosigkeit unterbunden – mit Frühförderung, Verhindern von Schulabbrüchen, Gesundheitsvorsorge, altersgerechten Arbeitsplätzen. Fachliche Qualifizierung oder Beschäftigungsförderungen könnten je nach individueller Problemlage helfen. Für jene, die dauerhaft eingeschränkte Erwerbschancen haben, stelle sich nach der Abschaffung der Aktion 20.000 die „Frage nach Alternativen“.

Großes Potenzial birgt eine intensivere Betreuung durch die AMS-Berater. Keine Vermutung, sondern in der Praxis überprüft: Zwar mögen die Personalkosten dadurch steigen. Das wird aber budgetär mehr als aufgewogen, weil die joblose Phase kürzer ausfällt, weniger „Arbeitslose“ gezahlt wird sowie Steuern und SV-Beiträge reinkommen. Eppel: „In diesem Fall kann der Staat nicht mit Kürzungen, sondern mit Investitionen sparen.“

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