Der übermächtige Gegner, der ihn seit vier Jahren zappeln lässt, ist die Finanz. Es geht hier nicht eine kreative Buchhaltung oder das Verschieben von Gewinnen, sondern um ein Modell für die Beteiligung von Mitarbeitern.
Wie auf Basar
Der Glaube an den Rechtsstaat fällt dem 63-jährigen Techniker inzwischen schwer: „Die Frage ist, wie werden KMU von den Behörden behandelt? Es wird einem von Experten signalisiert, zu zahlen, dann hat man seine Ruhe. Andernfalls wird man gepiesakt. Und bei den Verhandlungen mit den Prüfern geht’s zu wie auf einem Basar.“
Dass der gebürtige Tiroler, ältester Spross einer Bergbauernfamilie, nicht lange herumredet, sondern seine Meinung direkt heraus sagt, ist im Umgang mit österreichischen Behörden auch nicht unbedingt ein Vorteil.
Aber der Reihe nach. Alle Parteien propagierten, Beschäftigte sollten am Erfolg „ihres“ Unternehmens partizipieren können. Als die Beteiligung von Mitarbeitern endlich in ein Gesetz gegossen war, zog das Familienunternehmen 1999 ein Modell für die rund 20 Beschäftigten auf. „Wir sitzen in einem Boot, daher sollte auch der Erfolg geteilt werden. Außerdem stärkt eine Beteiligung den Teamgeist“, begründet Keuschnigg.
Das Modell funktioniert auf Basis einer Art von Genuss-Scheinen im Nominale von (damals) 1460 Euro. Nach fünfjähriger Behaltefrist können die Beschäftigten den Schein beim Unternehmen brutto für netto gegen Cash einlösen. Zusätzlich werden pro Jahr und Mitarbeiter 0,2 Prozent des Gewinns ausgeschüttet.
Nach der Finanzkrise 2008 brachen die Umsätze in Europa existenzgefährdend ein, „und wir haben andere Märkte gesucht“. Es gelang, einen Großauftrag aus Venezuela an Bord zu ziehen, der Umsatz verfünffachte sich 2012. Detto der Gewinn. „Wir hatten tolle Ergebnisse“, erinnert sich Keuschnigg.
Die Ernüchterung kam bei einer Betriebsprüfung 2014. Pech für PM-Technologies und die Belegschaft, dass das Einkommensteuergesetz in diesem Bereich schwammig formuliert ist und es zwar Richtlinien für die Höhe, nicht aber für den Zuwachs (laufende Dotierung) solcher Beteiligungen gibt.
„Keine Mitarbeiterbeteiligung, sondern Prämien“ befand das Finanzamt. Daher seien Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge nachzuzahlen, in Summe deutlich mehr als 100.000 Euro. Viel Geld für ein kleines Unternehmen.
Keuschnigg zahlte vorerst, um eben nicht sekkiert zu werden. Ging aber in Berufung. Das war vor vier Jahren. „Wir haben x-fach nachgefragt, uns wurde jedes Mal erklärt, es dauere noch, weil man so viele Berufungsverhandlungen habe“, ärgert er sich. Er überlegt jetzt, eine Eingabe beim Bundesverwaltungsgericht zu machen
Ein Steuerberater empfahl Keuschnigg, eine Briefkastenfirma in Miami zu eröffnen. Dort sitzt ein für MP-Technologies tätiger Handelsvertreter. Über diese Tochtergesellchaft sollten die internationalen Aufträge übernommen und als Subaufträge an die Muttergesellschaft in Österreich weitergegeben werden. Risiko und Ertrag würden in der Briefkastenfirma bleiben.
„Ich habe das damals abgelehnt und gesagt, wir sind schließlich in Österreich, einem Rechtsstaat. Wir machen doch keine Briefkastenfirma auf einem anderen Kontinent“, empört sich der kernige Anlagenbauer. Heute denkt Keuschnigg anders: „Im Nachhinein gesehen waren wir zu gutgläubig.“
Klare Spielregeln
Seinen Fall nahm der steirische Wirtschaftskammer-Chef Josef Herk (ÖVP) zum Anlass, klare Spielregeln für die Mitarbeiterbeteiligung und die Befreiung von allen Abgaben einzufordern. Doch 2018 wurde von der türkis-blauen Koalition statt einer Reformierung lediglich der steuerfreie Höchstbetrag auf 3000 Euro hinaufgesetzt.
Das Finanzministerium beruft sich auf die „abgabenrechtliche Geheimhaltungspflicht“. Das Rechtsmittel liege derzeit beim Bundesfinanzgericht, auf das Verfahren habe das Ministerium keinen Einfluss.
Neues Beteiligungsmodell
Die Neos, die sich als Wirtschaftspartei profilieren wollen, fordern ein neues Beteiligungsmodell mit einem Steuerfreibetrag von bis zu einem Sechstel des Bruttojahresbezuges. Sowie „einen Rechtsstaat, der funktioniert und dem man vertrauen kann, egal wer man ist oder wen man kennt“, sagt Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn. Ein Berufungsverfahren, „welches ohne weitere Schritte seit vier Jahren in einem Aktenberg verschwunden scheint, ist für einen Rechtsstaat unwürdig“.
Der PM-Technologies-Chef ist der ältere Bruder des renommierten Wirtschaftsforschers und ehemaligen IHS-Chefs Christian Keuschnigg, der derzeit an der Universität St. Gallen lehrt. „Ich konnte nur studieren, weil es die Studien- und die Heimbeihilfe gab. Meine Eltern konnten mich nicht unterstützen“, erinnert sich der Unternehmer Keuschnigg. „Wir hatten damals kein Geld, aber wir waren glücklich“.
Kommentare