Wie sich die Macht des Tech-Giganten darstellt, ist schnell erklärt: Der amerikanische IT-Konzern mit einem Börsenwert von mehr als 2000 Milliarden Dollar hat mit seiner Plattformökonomie die Kunden und mit seiner rigorosen M&A-Strategie die (Nischen-)Mitbewerber in der Hand.
M&A steht für Mergers & Acquisitions, also Fusionen und Zukäufe. Verkürzt gesagt kauft Apple einfach alles an Innovation auf, das sich entwickelt, und integriert es in den Konzern. Seit 2015 haben die Amerikaner, wie Tim Cook kürzlich in einem Analystencall erklärte, fast 100 Unternehmen zugekauft – was einem Deal rund alle drei bis vier Wochen entspricht.
Prominente Beispiele der Apple-Einkaufstour sind der Audiotechnik-Hersteller Beats Electronics, der Musikerkennungsspezialist Shazam und der Hersteller von Flash-Speicher-Laufwerkskomponenten Anobit. „Killzone“ nennt der Oxford-Professor und Datenspezialist Viktor Mayer-Schönberger, der auch die deutsche Bundesregierung bei deren Digitalstrategie berät, dieses Shopping im großen Stil. Denn: Sollte sich ein Unternehmen weigern, von Apple oder einem anderen der großen Tech-Riesen aufgekauft zu werden, wird das Geschäftsmodell einfach kopiert – und der Mitbewerber in der jeweiligen Nische hat keine Überlebenschance mehr.
So würde aber sehr viel Innovation verloren gehen, sagt der Datenspezialist – Start-up-Gründer würden ja nur darauf warten, von einem der Großen gekauft zu werden. Denn so kommen sie rasch zu Geld. Abhilfe könne hier nur ein offener Datenzugang schaffen, wie der Experte als Co-Autor im Buch „Machtmaschinen“ skizziert.
Strikte Regeln
Zweiter großer Machtfaktor von Apple: Die Plattformökonomie. Apple kontrolliert extrem genau, was auf den jeweiligen Plattformen – App-Store, Apple TV und Co. – den Usern zur Verfügung steht. „Apple will die ganze User-Experience kontrollieren“, erklärt Mayer-Schönberger.
Was auf dem App-Store angeboten wird, muss strikten Regeln folgen. „Das geht so weit, dass die Plattform vorgibt, wie die App-Anbieter ihr System monetarisieren dürfen – es etwa kein Abonnentenmodell dahinter geben darf, ohne dass Apple mitschneidet.“ Der Vorteil ist die User-Experience und eine gewisse Sicherheit der angebotenen Apps, der Nachteil: Extreme Kontrolle.
Kritikpunkt Arbeitsbedingungen
Weiterer Kritikpunkt sind die Arbeitsbedingungen. Apple nimmt wie viele Digitalkonzerne die Arbeit von Crowdworkern in Anspruch, die als moderne Lohnsklaven gelten. Sie bekommen für Mini-Arbeiten – etwa die Überprüfung von Orten für Apple Maps, wie Medien vor einigen Jahren bereits berichteten – je nach Auftragsgröße einige Cent bis einige wenige Euro vom jeweiligen Konzern bezahlt. Solche Arbeitskräfte werden häufig auch als Scheinselbstständige bezeichnet. In Anspruch genommen wird hier die billigste Arbeitskraft – die sich häufig in den ärmsten Ländern findet.
Dem gegenüber steht ein Kult rund um die Marke Apple, der seinesgleichen sucht. U2-Sänger Bono hat das Unternehmen bei einem Auftritt für den Konzern als einen mit „sektenähnlichen Zügen“ bezeichnet. Bei den eingangs erwähnten Produktpräsentationen klingt das gerne an. 2019 etwa war auf einem riesigen Schirm „Give people wonderful tools, and they’ll do wonderful things“ zu lesen, also sinngemäß übersetzt: „Gibt den Menschen wundervolle Geräte und sie werden wundervolle Dinge tun.“
Auch die Personen sind wichtig. Ganz so groß wie der Personenkult um den legendären Apple-Mitbegründer Steve Jobs ist der um Tim Cook zwar nicht, aber auch er genießt hohe Bekanntheitswerte.
Dass sich Apple gern als Hüter der Daten darstellt, ist übrigens tatsächlich nicht unrichtig. Zwar verwendet der Gigant die Daten, die User mit der Nutzung von iPhone, iMusic und Co. hinterlassen – allerdings nur am Endgerät auch personenbezogen. Viktor Mayer-Schönberger erklärt: „Apple verwendet strukturell sehr viel weniger persönliche Daten als Google.“ Google ist ja mit seinen Android-Handys unmittelbarer Konkurrent von Apple am Smartphone-Markt. Apple verwendet Daten zwar auch – allerdings bleiben die auf den Endgeräten, wo das maschinelle Lernen passiert. In die Zentrale wird aber nur das Ergebnis des Lernens weitergegeben – das nicht mehr personenbezogen ist
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