Wie die Terrorangst Touristenströme umlenkt

Spanien profitiert: Im Vorjahr kamen so viele Gäste wie nie zuvor.
Buchungen in die Türkei, nach Ägypten und Tunesien sind um ein Fünftel eingebrochen.

Die Reiseveranstalter werden nervös. Die Buchungen für den Sommer laufen nur sehr schleppend an. Der Frühbucherbonus konnte kaum jemanden locken, gestehen viele – wenn auch hinter vorgehaltener Hand, weil in der Schönwetterbranche keiner für schlechte Stimmung verantwortlich gemacht werden will. Josef Peterleithner vom ReiseVerband bestätigt: "Vor allem Ägypten, Tunesien und die Türkei haben ein deutlich zweistelliges Minus." Veranstalter melden Buchungsrückgänge in der Größenordnung von 20 Prozent.

Ob die Menschen nun einfach wo anders hin fliegen, bleibt abzuwarten. Türkei-Urlauber sind zu 90 Prozent All-inklusive-Urlauber, die in der Türkei gern in 5-Stern-Clubs abgestiegen sind, weiß Peterleithner: "Diese gibt es in dieser Form in anderen Ländern kaum. Da ist es für viele auch eine Frage der Leistbarkeit, ob sie heuer auf Urlaub fahren." Die Türkei hat schon im Vorjahr unter den Anschlägen gelitten. Das Statistikamt in Ankara meldet für das vierte Quartal ein Minus von 14 Prozent bei den Tourismuseinnahmen. Über das gesamte Jahr sind um 1,6 Prozent weniger Touristen gekommen als im Jahr zuvor.

Peterleithner glaubt, dass nicht nur Terror-Meldungen die Buchungslaune drücken. Vielmehr sei es auch die wirtschaftliche Situation, verweist er auf Meldungen zur Zielpunkt-Pleite oder den Personalabbau in diversen Banken. Die Reisebüros hoffen jedenfalls, dass sie gegenüber dem Internet wieder an Boden gewinnen. Peterleithner: "Bei Krisen wird immer mehr im Reisebüro gebucht, weil man dann im Fall der Fälle am Urlaubsort nicht auf sich selbst gestellt ist."

Terror und Kurzzeitgedächtnis

Laut Helga Freund, Vorstandsdirektorin des Verkehrsbüro, profitieren heuer Spanien, Kroatien und Bulgarien vom Minus in anderen Destinationen. "Bulgarien ist auch relativ günstig und hat viele All-inklusive-Clubs, die bisher eher bei den Deutschen als bei den Österreichern im Blickfeld waren." Zudem will sie über die Verkehrsbüro-Tochter Eurotours, die Hofer-Reisen organisiert, die Buchungen im Inland ankurbeln.

Die Allianz titelte währenddessen diese Woche einen Pressemeldung mit " Terror macht Touristen am meisten Angst". Demnach machen sich 58 Prozent der Österreicher Sorgen, dass sie während einer Reise mit Terrorereignissen konfrontiert werden. Befragt wurden 500 Österreicher – allerdings schon Ende November, also kurz nach den Anschlägen in Paris. Freund bezeichnet die Studie daher als "überholt". Urlauber haben ein "Kurzzeitgedächtnis", meint sie. "Wir haben uns an Krisen und daran, dass immer irgendwo etwas passiert, gewöhnt."

Nachdem die Paris-Buchungen nach den Anschlägen zum Erliegen kamen, haben sie wieder ein normales Niveau erreicht, betont die Verkehrsbüro-Chefin. In Frankreich haben die ausbleibenden Touristen im vierten Quartal den konjunkturellen Aufschwung gebremst. Konzerne wie Air France-KLM oder die Hotelgruppe Accor meldeten eine geringere Nachfrage.

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