Ruth Polleit Riechert, deutsche Kunsthistorikerin und Kunstmarktexpertin, hat dazu ein Buch mit dem Titel „Kunst kaufen“ veröffentlicht. Sie hat eine eigene Methode entwickelt, um die Qualität von Kunst selbstständig zu beurteilen und so hochwertige Werke zu einem angemessenen Preis kaufen zu können.
Denn der Kunstmarkt unterscheidet sich von anderen Branchen. Vor allem ist er sehr undurchsichtig. Da ist einmal die Preisgestaltung. Nur circa die Hälfte aller Preise werden veröffentlicht, schätzt die Expertin, nämlich Auktionspreise. „Alle anderen erzielten Kaufpreise im Handel werden nicht veröffentlicht. Die Preisintransparenz hält viele Interessierte vom Kunstkauf ab.“ Die Pandemie hat jedoch Digitalisierung und Preistransparenz im Einstiegssegment forciert: Galeristen und Händler waren gezwungen, Preise online zu veröffentlichen, um weiter verkaufen zu können, so die Expertin.
Angelehnt hat Polleit Riechert ihre Methode zum Kunstkauf unter anderem auch an die Investment-Weisheiten von Börsenguru Warren Buffett. Eine seiner Weisheiten, die sich auch auf den Kunstmarkt übertragen lassen: „Investiere in dich selbst. Wenn man sich mit Kunst als Anlage beschäftigt, dann ist das Wichtigste, sich eigenes Wissen anzueignen.“ Hier solle man zunächst „schauen, schauen, schauen“ – sich mit Kunst vertraut machen und sich über Künstlerinnen und Künstler informieren. Danach seien Preisrecherche und -vergleich unerlässlich, um sich einen Überblick über das Angebot zu verschaffen.
Kunst im Anlageportfolio wird in Europa nur zögerlich eingesetzt. Wenn jemand Kunst im Portfolio hat, ist es meist „ein kleinerer Teil, fünf bis maximal zehn Prozent“, schätzt die Expertin. Das hat auch einen Grund: Nur wenige Werke eignen sich als Anlageobjekte. Konkret kämen dafür vor allem die Werke der 100 umsatzstärksten Künstlerinnen und Künstler infrage – hier gibt es einen eigenen Index, den Artprice 100. „Das sind Namen, die jeder kennt“ – etwa Picasso oder Warhol.
Einzelstücke
Weitere Tipps? Unikate, also Einzelstücke, statt Editionen kaufen – auch von bekannten Künstlerinnen und Künstlern. Wer sich neu mit Kunst befasst und ein eher kleines Budget hat, dem empfiehlt Polleit Riechert, zu Kunstakademien zu gehen und dort die Künstlerinnen und Künstler kennenzulernen. Das ist zwar kein klassisches Investment, sondern „Spekulation“ – denn man muss erst abwarten, wie sich ein Künstler oder eine Künstlerin entwickelt. Wer eine Sammlung – das können auch schon einige wenige Werke sein – angedenkt, der sollte sich ein Thema überlegen. Etwa, nur von einem Künstler oder einer Künstlerin zu kaufen. Oder: Nur ein bestimmtes Thema wie Porträts oder eine Stilrichtung sammeln.
Wichtig ist, dass es einen langen Atem braucht.Mindestens sieben Jahre müsse man ein Werk in den meisten Fällen halten, um eine deutliche Wertsteigerung zu erzielen. Der wohl wichtigste Tipp aber: „Die Rendite liegt im Einkauf. Wird zu teuer eingekauft, wird es keine gute Rendite geben.“
Schutz
Und wie sich vor Fälschungen schützen? „Ein sehr schwieriges Thema“, sagt die Expertin, denn: „Mindestens 30 Prozent aller Werke, die in Museen und auch im Handel unterwegs sind, sind möglicherweise Fälschungen.“ Wichtig ist, die vorherigen Stationen eines Bildes zu kennen. „Wenn es eine höhere Summe ist, die ein Werk kosten soll, empfehle ich, Institute zur Überprüfung zurate zu ziehen.“ Wer bei Auktionshäusern kauft, bekommt die Garantie, dass es sich um ein Original handelt, erklärt Marianne Hussl-Hörmann, Kunstexpertin und Kunsthistorikerin des Dorotheum.
Apropos einkaufen: Es müssen nicht riesige Mittel sein, die man als Neuling investiert. „Die großen Sammler haben oft mit ihrem ersten Taschengeld begonnen, und sich vielleicht nur eine kleine Zeichnung leisten können“, so Hussl-Hörmann.
Zeitpunkt
Wichtig ist auch der Zeitpunkt des Verkaufs. „Ein weiteres Prinzip von Warren Buffett ist auch, dass man nur kaufen sollte, wenn man eigentlich nicht mehr verkaufen will“, sagt Polleit Riechert. Wer kauft, weil er mit einer guten Rendite rechnet, aber keine Freude am Werk hat, habe eigentlich auch verloren. Es gilt zu beobachten, ob gerade viele Werke eines Künstlers oder einer Künstlerin im Umlauf sind. „Marktfrische ist immer gut.“
Ein Thema,das im vergangenen Jahr aufgetaucht ist: NFTs, Non-fungible Token, eine Methode, um Dateien eine digitale Signatur zu verleihen. Die seien „gekommen, um zu bleiben“, sagt Polleit Riechert. Auch, weil es viele neue Möglichkeiten für Künstlerinnen und Künstler, aber auch Kunstinteressierte bietet. „Ob die Preise bleiben, kann ich nicht sagen. Das wird der Markt zeigen“, sagt sie mit Blick auf die jüngsten Rekordpreise bei NFTs. Nicht nur digitale Werke, sondern auch analoge Kunst kann mithilfe der neuen Technik tokenisiert angeboten werden. So kann man auch „mit kleineren Summen Teilhaber von Meisterwerken werden.“ Sie vermutet, dass sich Handelsbörsen entwickeln werden, die den Handel mit Anteilen an Kunst möglich machen. „Die neuen Technologien können Kunst investierbarer machen.“
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