Wie der Stahl "grün" wird

Die voestalpine AG in Linz am 15.10.2016.
Der Konzern will von Kohle wegkommen und kämpft in den USA mit Kosten und Donald Trump.

Auf diese Schlagzeile hätte der Vorstandsvorsitzende wohl lieber verzichtet: Die Finanzmarktaufsicht prüft die Informationspolitik der voestalpine rund um die gestiegenen Investitionskosten für ihr Werk in Corpus Christi/Texas. Die Investition war 2012 mit 550 Millionen Euro (742 Mio. US-Dollar) veranschlagt gewesen, dürfte letztlich aber 930 Millionen Euro teuer sein. Die Endabrechnung folgt im April, sagt Voest-Chef Wolfgang Eder. Die Anlage funktioniere hervorragend und rechne sich trotz des Kostensprungs.

Sorge wegen Trump

Die Differenz erklärt sich vor allem mit der Abwertung des Euro gegenüber dem Dollar. Plus mit extrem schlechtem Wetter während der Errichtung des Werks und dem allgemeinen Bauboom in Texas, der das Projekt zusätzlich verzögert habe, so Eder vor Journalisten. Das Ganze sei aber ohnehin immer in Dollar gerechnet worden. Den Aktienkurs tangierte das nicht, er ist leicht gestiegen.

Frühestens in zwei Jahren werde man über einen weiteren Ausbau in Texas nachdenken, sagte Eder. Der NAFTA-Raum (USA, Kanada, Mexiko) sei für den Stahlkonzern die Region mit der größten Wachstumschance. Bei Hightech habe die USA nämlich Nachholbedarf gegenüber Europa. Doch der neue US-Präsident bereitet auch Eder Kopfzerbrechen: "Ich habe eigentlich geglaubt, dass sich Donald Trump staatsmännischer verhalten wird. Die Entwicklung ist nicht abschätzbar." Sollten tatsächlich Strafzölle selbst für importierte Werkstücke kommen, würden wohl etliche Unternehmen aus den USA nach Südamerika, Indien oder China ausweichen. Im positiven Fall könnte die Voest aber auch profitieren, weil sie schließlich lokal in den USA produziere.

Hoffnung Wasserstoff

Aus Europa abziehen sei keine Option, bekräftigte Eder: "Wir wissen, was wir an Europa haben. Die technologische Kompetenz der Mitarbeiter findet man sonst nur noch in Japan oder Südkorea." Und eine Trennung von Entwicklung und Produktion halte er nicht für sinnvoll. Europa leide darunter, dass es sich nie als gemeinsamer Wirtschaftsraum darstelle.

Und was plant der Konzern? In Texas wird Erz mit Erdgas auf Eisenschwamm (ein Stahl-Vormaterial) reduziert – was umweltfreundlicher ist als die alte Methode mit Koks. Noch Zukunftsmusik (weil viel zu teuer) ist eine umweltfreundliche Stahlproduktion auf Basis von "grünem" Wasserstoff, über den man auch als Treibstoff in der Autoindustrie nachdenkt. Diese Technologie wird aber erst in 15 bis 20 Jahren einsetzbar sein. Die Energiekosten sind das zentrale Thema. In Linz gibt es dazu ein gemeinsames Forschungsprojekt mit dem Verbund. Mit den Umweltorganisationen scheint die Voest Frieden geschlossen zu haben. Eder: "Sie haben akzeptiert, dass wir ein wichtiger Teil Österreichs sind".

Weltmarktführer will die Voest beim Metallpulver für den 3-D-Druck werden. Solche komplexen Werkstücke werden zum Beispiel für die Luftfahrt eingesetzt.

Bis Mitte 2017 wird entschieden, ob die Voest rund 300 Millionen Euro in ein neues Edelstahlwerk in Kapfenberg investiert. Die hohen Energiepreise sprechen eher dagegen, doch die steirische Regierung scheint der Voest entgegenzukommen.

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