Wie ein Projekt Jugendlichen hilft, eine Lehrstelle zu finden

Wie ein Projekt Jugendlichen hilft, eine Lehrstelle zu finden
Die Jugendarbeitslosigkeit steigt. Sinbad hilft sozial und wirtschaftlich benachteiligten junge Leuten bei der Lehrstellen-Suche. Die Erfolgsquote beträgt mehr als 80 Prozent.

Seit September macht Zeynep Ünalmaz eine Lehre als Bürokauffrau bei den ÖBB. Die Jugendliche, die zuvor eine überbetriebliche Lehrausbildung beim AMS begonnen hat, ist eine von mehr als 2.000 Jugendlichen, denen das Projekt Sindbad dabei geholfen hat, den Schritt ins Berufsleben zu schaffen.

Die 2016 gegründete Initiative bringt junge Leute aus schwierigen Verhältnissen mit Mentorinnen und Mentoren zusammen, die sie ein Jahr lang beim Übertritt in die weiterführende Ausbildung unterstützen. Sie helfen ihnen, Optionen zu prüfen, gehen ihnen aber auch beim Verfassen von Bewerbungsschreiben zur Hand. Das System sei für viele Jugendliche nicht einfach zu durchschauen, sagt Sindbad-Vorstand Bernd Hartweger.

Die Unterstützung hört nicht bei der Zusage für die Lehrstelle auf. „Wir wollen beim Eintritt in den Lehrbetrieb helfen“, sagt Hartweger. Auch weil  im ersten Lehrjahr die Drop-out-Rate am höchsten sei. Die Erfolgsquote betrage über 80 Prozent, so Hartweger. Derzeit werden an elf  Standorten  mehr als 600 Jugendliche betreut.

„Zentrale Maßnahme“

Die Lehre sei eine zentrale Maßnahme gegen Jugendarbeitslosigkeit, sagt AMS-Chef Johannes Kopf. Die ist zuletzt wieder gestiegen. Zuletzt waren 61.174 Personen unter 25 Jahre arbeitslos gemeldet, das sind  12,1 Prozent mehr als im August. Die Arbeitslosenquote sei bei Personen mit Lehrausbildung mit 5,6 Prozent deutlich geringer als bei Personen, die lediglich über einen Pflichtschulabschluss verfügen, bei denen sie fast  20 Prozent betrage, so Kopf.

108.251Personen
machten Ende September in Österreich eine Lehre

Lehrstellenlücke
Seit Juli gibt es wieder mehr Lehrstellensuchende als Lehrstellen. Zuletzt standen  9.751 Suchende  9.349  Lehrstellen gegenüber. Besonders groß ist die Lücke in Wien

61.174 Personen 
unter 25 Jahren waren im September arbeitslos oder in Schulung

Kooperation mit dem AMS

Im Rahmen der überbetrieblichen Lehrausbildung (ÜBA) arbeitet  Sindbad mit dem AMS zusammen. Die ÜBA ermöglicht es Jugendlichen, die keine Lehrstelle gefunden haben, eine Ausbildung zu absolvieren. Ziel sei es, sie in reguläre Lehrstellen zu bekommen, sagt Hartweger. Die ÜBA habe keinen guten Ruf. Jugendliche hätten oft zu Unrecht mit Vorurteilen zu kämpfen. 

Anders als bei dem regulären Sindbad-Programm, bei dem junge Erwachsene als Mentoren fungieren, wird die Rolle bei dem AMS-Projekt von erfahrenen Personen übernommen, die auch über Netzwerke verfügen. Eine von ihnen ist Ursula Zechner, Geschäftsführerin der ÖBB-Produktion. Sie sei Mentoren geworden, weil es ihr ein Anliegen sei, jungen Leuten beim Einstieg ins Berufsleben zu helfen, sagt Zechner. Und auch, um zu sehen, wo die Probleme wirklich liegen. Ein weiterer Grund sei, dass die ÖBB vor einem Generationswechsel stehen und Mitarbeiter suchen. Allein heuer fangen 660 Lehrlinge in 25 Lehrberufen bei den Bundesbahnen an. 

Darunter auch Ünalmaz.  Am Anfang sei sie aufgeregt gewesen, sagt die Jugendliche. Sie habe sich aber bald wohlgefühlt. Neben der Lehre besucht Ünalmaz, die die Handelsakademie abgebrochen hat,  jetzt auch eine Abendschule.

Die Lehre bietet gegenüber vergleichbaren Ausbildungen einige Vorteile. Absolventen schaffen  laut  Statistik Austria rasch den Berufseinstieg und verdienen dann etwas besser. So brauchen sie im Schnitt nur 1,3 Monate für den Einstieg ins Erwerbsleben. 

Das monatliche Bruttomedianeinkommen betrug 18 Monate nach Abschluss 2.418 Euro, mehr als bei berufsbildenden höheren Schulen (BHS). Bei BHS-Absolventen belief sich das Medianeinkommen auf 2.386 Euro, bei berufsbildenden mittleren Schulen (BMS) auf 2.206 Euro und bei allgemeinbildenden höheren Schulen (AHS) auf 1.905 Euro. Besonders hohe Medianeinkommen verzeichneten die Lehrabsolventen der Ausbildungsfelder Verkehrsdienstleistungen (2.990 Euro).

Kopf appelliert, bereits in Kindergärten und Volksschulen über Ausbildungsmöglichkeiten zu informieren. Wenn junge Leute mit 15 oder 16 beim AMS landen, sei es „relativ spät“. Unzufrieden ist er mit  oft fehlenden Berufsinformationen an Gymnasien. Dort gebe es offenbar die Angst, Schüler zu verlieren.  

Mentoren gesucht

Sindbad-Chef Hartweger sucht derzeit nach Mentorinnen und Mentoren. Im Blick hat er junge Erwachsene zwischen 20 und 35 Jahren, die sich ehrenamtlich sozial engagieren wollen. Sie würden mindestens genau so viel  von dem Projekt profitieren wie die jugendlichen Lehrstellensuchenden. 

„Wir brechen Blasen auf“, sagt Hartweger. Wann sonst habe man Gelegenheit, mit anderen Lebenswelten in Berührung zu kommen. Der Blick über den Tellerrand helfe künftigen Führungskräften darüber hinaus auch im eigenen Berufsleben. 

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