Wer bietet mehr für das Media Quarter Marx?

Media Quarter Marx.
Die Stadt Wien startet einen neuerlichen Verkaufsversuch. Die Hoffnung auf einen höheren Preis lebt.

Imagemäßig stand der Mediencluster der Stadt Wien auf dem Stadtentwicklungsgebiet Neu Marx von Anfang an unter keinem guten Stern. Auch wenn sich das Projekt wirtschaftlich besser entwickelt als befürchtet. Zuletzt scheiterte im Sommer 2015 sogar der Verkauf.

Nun setzt die Wiener Wirtschaftsagentur, die zu 40 Prozent Eigentümer des Media Quarter Marx 3 (MQM) ist, den Verkaufsprozess neu auf. "Das Umfeld wurde seitdem deutlich aufgewertet. Auch die Situation auf dem Immobilienmarkt ist gut, es gibt viel Kapital, das eine Veranlagung sucht", begründet Gerhard Hirczi, Vorstand der Wirtschaftsagentur, einem Fonds der Stadt Wien.

Er spricht von einem "Paradeprojekt für einen langfristigen Immobilieninvestor". Die Suche nach Investoren wird der Immobiliendienstleister EHL begleiten, der schon beim ersten Versuch mit an Bord war.

Der Verkauf beginnt wieder ganz von vorne. Der Start erfolgt an der Côte d’Azur. Auf der Mipim in Cannes, einer der weltweit wichtigsten Immobilienmessen, soll EHL das Projekt präsentieren. Für Juni wäre das Signing geplant, die Unterschrift des neuen Eigentümers unter dem Kaufvertrag.

Voraussetzung ist, dass die Konditionen diesmal attraktiver sind. Die Veräußerung an einen deutschen Immobilienfonds scheiterte an einer Auslastungsgarantie. "Wir hätten de facto eine Garantie über die Mieteinnahmen geben müssen, dieses Risiko war uns zu groß", erinnert sich Hirczi. Über Garantien werde diesmal gar nicht verhandelt. Den Preis will Hirczi verständlicherweise nicht nennen. Experten schätzen, dass eine Größenordnung von 80 Millionen Euro ein beachtlicher Erfolg wäre.

Das MQM ist ein sogenanntes PPP-Modell, eine Public-Private-Partnership. Den Part des öffentlichen Eigentümers spielt die Stadt Wien, um den privaten Mehrheitseigentümer gab es viel Wirbel. Gründungspartner war Ex-Nationalbank-Präsident Adolf Wala. Als der SPÖ-nahe Banker ausstieg, wurde lange über den nachfolgenden 60-Prozent-Eigentümer gerätselt.

Recherchen des KURIER deckten auf, dass der umstrittene ehemalige kasachische Botschafter Rakhat Aliyev hinter dem internationalen Konstrukt aus Gesellschaften und Treuhändern stand. Der Geschäftsmann war der Ex-Schwiegersohn des kasachischen Diktators Nursultan Nasarbajew.

Die Intransparenz bei den Eigentumsverhältnissen ließ die Rathaus-Opposition gegen das Projekt auf die Barrikaden gehen. FPÖ und ÖVP setzten schließlich eine Rechnungshofprüfung durch und die Stadt Wien ließ die Wirtschaftsprüfer der Consultatio nachforschen, wer denn jetzt tatsächlich ihr Partner sei.

Nach dem bis heute nicht restlos aufgeklärten Tod von Aliyev im Februar 2015 in seiner Einzelzelle in der Justizanstalt Josefstadt hat seine Witwe Elnara Shorazova die Anteile übernommen. Sie will gemeinsam mit der Stadt aussteigen.

Verkauft wird nur, betont Hirczi, wenn sich unterm Strich ein Gewinn ergibt. Andernfalls betreibe man das Projekt weiter. Die Wirtschaftsagentur hat 4,52 Millionen Eigenkapital eingebracht, die private Seite 6,78 Millionen. Gemeinsam wurden 65 Millionen Euro investiert. 42,3 Millionen haften derzeit an Krediten aus.

Der Rechnungshof monierte 2015, das MQM sei zu teuer, die Mieten zu gering und die Auslastung zu niedrig. Die Prüfer kritisierten beispielsweise einen großzügigen Mietennachlass für das Echo Medienhaus. Das Unternehmen gehörte der Wiener SPÖ und wurde 2014 an Private verkauft. Nachlässe seien bei sogenannten "Ankermietern" durchaus üblich, verteidigt Hirczi.

Seit fünf Jahren fährt das MQM nach Abzug der Finanzierungskosten Gewinne ein. Bis Ende 2016 hatte sich ein kumulierter Gewinn von 6,5 Millionen Euro angesammelt. Die Auslastung wurde auf 96 Prozent gesteigert, derzeit sind 53 Unternehmen mit rund 900 Mitarbeitern untergebracht. Der Mietvertrag mit der staatlichen Wiener Zeitung wurde bis 2026 verlängert, ProSiebenSat-1 übersiedelte ATV ins MQM.

Den Verkaufserlös will Hirczi wieder in Neu Marx investieren – in Start-ups und in den Bereich Life Sciences.

Ein Neubau des ORF auf dem reservierten riesigen Nachbargrundstück hätte das Media Quarter zudem enorm aufgewertet. Doch ORF-Chef Alexander Wrabetz brachte eine Übersiedlung gegen die ÖVP nicht durch und saniert nun mühsam den Küniglberg. "Mit einer Entscheidung für Neu Marx hätte sich der ORF einige Sorgen erspart", meint Hirczi. Damit dürfte er Recht haben.

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