Wenn Start-ups das Geld ausgeht

Wenn Start-ups das Geld ausgeht
Die Finanzierung und Förderung von Neugründungen funktioniere in Österreich, sagen Experten. Schwierig sei hingegen die Anschlussfinanzierung, die wesentlich mehr Mittel erfordert. Es droht der Verkauf oder die Abwanderung ins Ausland.

Noch nie war es so leicht, ein Start-up zu gründen. Das sagt einer, der es wissen muss. Harald Schürz ist Partner bei Equity One, einem Risikogeldgeber (Private Equity bzw. Venture Capital). "Jeder, der ein gutes Projekt hat, wird ausreichend Geld bekommen." Problematisch sei eher die Frage der Anschlussfinanzierung. "Die ersten 50.000 oder 100.000 Euro kriegt man, aber was dann? Es gibt uns und einige andere wie den aws (Austria Wirtschaftsservice, Anm.), aber wir sind alleine auf weiter Flur", beklagte sich Schürz vor Kurzem im Rahmen einer Podiumsdiskussion des AVCO (Austrian Private Equity and Venture Capital Organisation). Die Folge: Man müsse nach internationalen Geldgebern suchen, das Risiko, dass das Unternehmen in der Folge ins Ausland abwandert oder verkauft wird, steige.

Michael Schuster, Founder und Partner bei Speedinvest, sieht das ähnlich: "Früher gab es 20 bis 25 Fonds, mittlerweile ist die Landschaft völlig weggebrochen." Natürlich seien z.B. drei Millionen Euro viel Geld, international betrachtet aber nicht; Österreich sei ein kleiner Markt und es gebe immer Konkurrenz aus dem Ausland mit mehr Ressourcen und Tempo.

Finanzierungsgap

"Für die Anschlussfinanzierung ist es schwierig, Mittel zu bekommen. Es gibt einen Finanzierungsgap", sagte AVCO-Geschäftsführer Jürgen Marchart. Es gebe in Österreich niemanden, der ein bis drei Millionen finanziert, während es international erst ab zehn Millionen beginne. Selbst Finanzierer wie Speedinvest müssten im Ausland Geld einsammeln. "Das Modewort sind Start-ups, in der Politik ist nur die Frühphase ein Thema. Damit glaubt sie, die Schuldigkeit getan zu haben." Dabei würden in der späteren Phase mehr Arbeitsplätze geschaffen als davor.

Für Marchart wären spezielle Fonds für diese Anschlussfinanzierungen eine Überlegung wert. Auch Privatstiftungen könnten durch eine Änderung der Satzungen zu Investoren werden. Und nicht zuletzt wäre Corporate Venturing eine Möglichkeit. Dabei übernehmen große Industriekonzerne bzw. deren Venture-Gesellschaften die Finanzierungen.

Stecker gezogen

Start-ups haben laut Schuster derzeit ein bisschen eine Sonderkonjunktur wie anno 2000. Auch was Förderungen und Initiativen betrifft, sei in den vergangenen Jahren schon einiges geschehen. Aber wenn das Unternehmen wachse, werde der Stecker gezogen. Hier sei die Politik aufgerufen etwas zu tun. "Sie muss schnell reagieren. Viele gehen direkt nach London, Berlin oder USA, nicht nur wegen Finanzierungsproblemen, sondern auch wegen der rechtlichen Rahmenbedingungen", sagte Schuster.

Auf mehrere Hindernisse wies Roman Hager, Anwalt bei der Kanzlei Wiedenbauer, Mutz, Winkler & Partner, hin. "Ein deutsches Unternehmen wollte hier expandieren, ist aber am Gewerberecht gescheitert." Auch das Aufsichtsrecht weise Fallstricke auf; und bei den Sozialbeiträgen werde laufend gerechnet, ob man sich einen neuen Mitarbeiter leisten könne. Weiters wäre Wien prädestiniert als Hub für Fintechs. "Die Behörden wie die FMA müssen das aber auch zulassen und nicht nur verhindern."

Erich Kühnelt aus der Abteilung für Finanz- und Handelspolitik in der Wirtschaftskammer sieht das Start-up-Förderpaket als ersten Schritt positiv, es könne aber nicht die einzige Maßnahme sein. Er wünscht sich steuerliche Förderungen sowie die Umsetzung der geplanten Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft. "Die Kreditfinanzierung wird aber die dominierende Quelle für KMU bleiben."

Kommentare