Wenn Staaten zu „schnöden Standorten“ degradiert werden

Wenn Staaten zu „schnöden Standorten“ degradiert werden
SPÖ-Ökonom Nikolaus Kowall wagt eine Fortsetzung der "Globalisierungsfalle". Der Inhalt ist überraschend unaufgeregt.

Die Wohlstandsschere wird größer, die Mittelschicht kleiner, die soziale Marktwirtschaft zum Auslaufmodell: Mit der eindringlichen Warnung vor der „Globalisierungsfalle“ landeten 1996 die damaligen Spiegel-Journalisten Hans-Peter Martin (später SPÖ-Europaabgeordneter) und Harald Schumann einen Bestseller. Ihre Hauptsorge war, dass multinationale Konzerne ihre Regeln durchsetzen und liberale Demokratien aushebeln.

Tatsächlich seien viele der Negativprognosen weitgehend eingetroffen, schreibt Nikolaus Kowall, Mastermind hinter der Babler-SPÖ, in der Einleitung zu seinem Fortsetzungsbuch „Raus aus der Globalisierungsfalle“. 

Der promovierte Volkswirt blickt dabei zurück, wie Österreichs Wirtschaft den Transformationsprozess in einen zunehmend globalisierten Markt meisterte – ganz gut – und wie es den einzelnen Bürgern und der Demokratie dabei ging – weniger gut. 

Die Handlungsfähigkeit der Nationalstaaten sei massiv eingeschränkt, politische Interventionen schwieriger geworden. Als Beispiel nennt der Sozialdemokrat den Standortwettbewerb zwischen Staaten, die einen Staat einzig und allein auf die Attraktivität für das Kapital reduziert. „Die Marktliberalen haben Nationalstaaten zu schnöden Standorten degradiert“, so sein Urteil.

Wenn Staaten zu „schnöden Standorten“ degradiert werden

Mehr EU, mehr grün

Um den „Turbo-Kapitalismus“ zu zügeln, fordert Kowall zum einen eine Regionalisierung der europäischen Wirtschaft – mehr Eigenproduktionen, weniger Billig-Importe – und zum anderen eine stärkere sozial-ökologische Ausrichtung. Dabei geht er durchaus konform mit dem grüneren EU-Kurs unter der konservativen Kommissarin von der Leyen und begrüßt Lieferkettengesetz, CO2-Ziele, Kreislaufwirtschaft und Recyclingquoten. Generell sollte Brüssel die Zügel wieder mehr in die Hand nehmen, um „Augenhöhe zwischen Kapital und Demokratie“ zu ermöglichen. 

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