Wenn die Bürokratie ins Zahnrad greift

Wenn die Bürokratie ins Zahnrad greift
Trotz des technologischen Fortschritts hat die westliche Welt an Tempo verloren. Schuld sind auch der Papierkram und die vielen Regulierungen.

Ein Beschäftigungsrekord nach dem nächsten, die Arbeitslosigkeit ist bereits seit mehr als einer Dekade rückläufig. Die Wirtschaft wächst spürbar. Die Rede ist – leider – nicht von Österreich, sondern vom Nachbarn Deutschland. Trotz der guten Werte stellt Ökonom Lars Feld, einer der deutschen Wirtschaftsweisen, ein Paradoxon fest: Der Zuwachs an Produktivität (Wertschöpfung pro Arbeitsstunde) hat in den vergangenen Jahren nachgelassen. Dieses geringere Tempo ist auch in Österreich und anderen entwickelten Industrieländern festzustellen. Und das, obwohl die Digitalisierung (Stichwort Industrie 4.0) Einzug hält und einen produktiven Schub bringen sollte.

"Was sind also die Faktoren, die in allen Ländern zutreffen?", fragt Feld. Eine klare Antwort darauf haben die Ökonomen rund um den Globus noch nicht gefunden. Es dürfte ein Bündel an hemmenden Faktoren geben:

Regulierungen

Überbordende Bürokratie und Regulierungsfesseln für Gewerbetreibende – all das hindert daran, die Produktivität weiter zu steigern. Das scheint auch für Länder zu gelten, die aus der Ferne betrachtet als viel freier gelten. "Wenn Trump im Wahlkampf von Deregulierung geredet hat, dann sind die USA regulierter als wir glauben", sagt Feld.

Demografie

Aufgrund der Alterspyramide (die Zahl der Älteren hat zugenommen) ist die Digitalisierung in vielen Betrieben noch nicht ausreichend angekommen.

Deutsches Phänomen

Anders als Österreich hat sich Deutschland dazu entschlossen, einen Billiglohnsektor aufzubauen. Jetzt zeigt sich: Das hat zwar Niedrigqualifizierte in Jobs gebracht, drückt aber auf die durchschnittliche Produktivität.

Der Mensch kann seine Leistung nicht unendlich steigern. Sind dem Immer-Mehr-Wollen nicht ohnehin natürliche Grenzen gesetzt? "Bevor ich mich mit Naturgesetzen befasse, gehe ich doch zuerst die Hemmnisse an", sagt Ökonom Feld. Höhere Produktivität und eine wachsende Wirtschaft seien wichtig, um sich Verteilungsgerechtigkeit leisten zu können.

Bauchgefühle

Um die Wirtschaft anzukurbeln, sind unter anderem Investitionen nötig. Politik-Wissenschafter Peter Filzmaier hat per Umfrage bei Unternehmern und ihren Angestellten die Stimmungslage rund um Investitionen erhoben. "Entwickeln sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Österreich in die richtige oder falsche Richtung", lautete eine Frage. "In die falsche", sagen 76 Prozent der Unternehmer und 65 Prozent der Arbeitnehmer. Rund die Hälfte bezeichnet das Klima in Österreich als investitionsfeindlich. Bürokratie, Steuerbelastung und Lohnnebenkosten werden als Gründe genannt. Mehr als die Hälfte sagt auch, dass deshalb Investitionen verschoben werden. Für Filzmaier ein Appell an die heimische Wirtschaftspolitik.

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