Weniger Schutz für Handy-Kunden

Kostenkontrolle beim Surfen könnte fallen
AK schlägt Alarm: EU-weite Harmonisierung hebelt ab 2018 nationale Verbraucherrechte aus.

Ein einziger Telekommunikationsmarkt mit gleichen Spielregeln für alle: Die EU-Kommission macht Druck bei der Schaffung eines Binnenmarktes fürs Telefonieren und Surfen. Ab Juni 2017 werden, wie berichtet, die Roaming-Gebühren (Auslandstarife) innerhalb der 28 Mitgliedsstaaten abgeschafft. Ab 2018 soll dann ein neuer "Kodex für elektronische Kommunikationsdienste" bestehende Rechtsvorschriften im Telekom-Bereich ablösen. Ab Jänner beginnen die Verhandlungen dazu in einer Arbeitsgruppe des EU-Rats. "Der Kodex wird zu mehr Wettbewerb führen, Investitionsanreize schaffen und den Binnenmarkt sowie die Verbraucherrechte stärken", begründet die Kommission die geplante Vollharmonisierung von Regelungen.

Die Arbeiterkammer (AK) sieht das ganz anders. Die Harmonisierung ist für sie "eine Nivellierung nach unten", wichtige Schutzbestimmungen für österreichische Konsumenten würden ausgehebelt. "Die EU hat im Kodex einen Kollateralschaden eingebaut, weil der Konsumentenschutz unter die Räder kommt", argumentiert AK-Direktor Christoph Klein. Die AK nennt folgende Beispiele für drohende Verschlechterungen in Österreich:

Kostenkontrolle Derzeit werden Handy-Kunden per SMS informiert, wenn sie Datenvolumen im Wert von 30 Euro verbraucht haben. Wird die Kostenobergrenze von 60 Euro erreicht, sperrt der Betreiber den Anschluss, außer der Konsument teilt ausdrücklich mit, dass er weitersurfen möchte. Diese Kostenbeschränkungs-Verordnung dürfte fallen.

Handy-Verträge Die maximale Mindestvertragsdauer von 24 Monaten wackelt, Vertragsverlängerungen sollen nicht mehr begrenzbar sein. Kündigt der Kunde vorzeitig, weil er wechseln möchte, muss er tiefer in die Tasche greifen. Er muss die Grundgebühr bis Vertragsende weiterzahlen und dem Betreiber zusätzlich den Zeitwert des zum Tarif erhaltenen 0-Euro-Handys rückerstatten.

Mehrwertdienste Nach zahlreichen Kundenbeschwerden über dreiste Abzocker wurde das Geschäft mit zahlungspflichtigen 0900-er Mehrwertnummern in Österreich relativ streng reguliert. Es gibt kostenlose Sperren und der Telekom-Regulator kann unseriösen Anbietern gar den Geldhahn zudrehen. Solche Eingriffe sind im neuen Kodex wohl nicht mehr erlaubt.

Unfaire Klauseln Derzeit müssen die Netzbetreiber neue Geschäftsbedingungen (AGB) bzw. Änderungen vorab bei der Regulierungsbehörde anzeigen. Diese kann Klauseln, die gegen das Telekom- oder Konsumentenschutzgesetz verstoßen, untersagen. Diese Vorab-Prüfung würde der EU-Harmonisierung zum Opfer fallen.

"Wenn die Eingriffe in nationales Recht nur zugunsten der Konzerne sind, wird die EU nicht funktionieren", sagt Klein und sucht Verbündete aus anderen Ländern, um drohendes Ungemach für Konsumenten abzuwenden. Das Problem: Die bestehenden Regelungen sind in jedem Land unterschiedlich. Unterstützung erhält die AK von SP-Infrastrukturminister Jörg Leichtfried. "Ich werde mich auf EU-Ebene dafür einsetzen, dass die hohen Schutzstandards in unserem Land erhalten bleiben", so der Minister.

Die Telekom-Anbieter begrüßen die einheitlichen EU-Regeln. "Es soll in jedem Land das gleiche Recht für alle geben, dies geht von Konsumentenschutz bis hin zu Lizenzvergaben und dem Ausbau von Infrastruktur", betont T-Mobile-Chef Andreas Bierwirth. Die EU habe bereits beim Roaming einheitliche Preise eingeführt. Diese Vereinheitlichung der Endkundenpreise sollte nun mit einheitlichen Verbraucherrechten einhergehen. Bei einem Punkt sind sich AK und Telekom-Anbieter einig: Das Roaming-Aus kommt wegen der hohen Netzkosten die heimischen Betreiber besonders teuer. Steigende Inlands-Tarife dürften die Folge sein.

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