Wem gehört die Welt?

Der Autor analysiert, fernab von Verschwörungstheorien.
Welche Personen und Beteiligungsgeflechte hinter der "neuen Internationale des Kapitals" stecken.

Der reißerische Titel führt, zum Glück, in die Irre. "Wem gehört die Welt?"– das klingt nach einem jener zahllosen Machwerke, die Verschwörungstheorien über obskure Geheimbünde wälzen.

Es ist das verdienstvolle Gegenteil, nämlich eine detailreiche und faktengetreue Analyse: Wer verwaltet die größten Vermögen? Wem gehören die Großkonzerne? Wer sind die mächtigsten Akteure? Auf üppigen 680 Seiten zusammengetragen hat das der deutsche Wirtschaftsjournalist Hans-Jürgen Jakobs, unterstützt von 30 Korrespondenten des Handelsblatt. Die Themenpalette reicht von Vermögensverwaltern (wie Blackrock oder Vanguard) über Staatsfonds bis hin zu den reichen Familienclans und einflussreichsten Großkonzernen.

Schrullige Details

Diese Hintergründe werden über Porträts der 200 vermeintlich mächtigsten Akteure der Finanzwelt vermittelt. Das hat Vor- und Nachteile: Der Wälzer kann als Nachschlagewerk dienen. Und er liest sich dank vieler an sich nebensächlicher Anekdoten kurzweiliger, als es das sperrige Thema vermuten lässt. So erfährt der Leser, dass Unternehmersohn Micky Arison 1972 persönlich an Bord des ersten Partyschiffes war, dessen Jungfernfahrt abrupt auf einer Sandbank endete. Daraus sollte später die Reederei Carnival werden, der heute die Hälfte aller Kreuzfahrtschiffe gehört (samt jener Costa Concordia, die 2012 vor Italien tragisch versank).

Oder dass das Hobby von Fumiya Kokubu, Präsident des in Europa fast unbekannten japanischen Industrieriesen Marubeni, Schuhe polieren ist. Diese Erzählweise ist sinnvoll, wenn sie den öffentlichkeitsscheuen IKEA-Erben Peter Kamprad vor den Vorhang holt. Sie stößt aber an Grenzen – etwa wenn Aufsichtsratschef Paul Achleitner als Kopf für die Deutsche Bank steht. Anders als Eigentümerfamilien, die eng an Unternehmen gebunden sind, sind Manager austauschbar. Dadurch ist das Ende November erschienene Buch in Teilen bereits überholt, siehe Rex Tillerson (Exxon), der jetzt designierter US-Außenminister ist.

Ausgewogen, aber kurz

An zu hohen Ansprüchen scheitert Jakobs, wenn er quasi als "moralischer Kompass" Noten vergibt. So löblich es sein mag, jedem Unternehmen für Nachhaltigkeit, Steuerehrlichkeit oder Transparenz ein bis fünf Sterne verleihen zu wollen: Das lässt sich seriös nicht mit zwei, drei Sätzen begründen.

Kapitel zwei des Buches widmet sich der Legitimationskrise des Kapitalismus und Kritik an der Globalisierung: "Ungleichheit nährt Ungleichheit. Die einen haben ein Online-Konto, die anderen einen Vermögensverwalter." Die Analyse fällt differenziert aus und verzichtet auf populistische Schlenkerer. Sie ist mit 80 von 680 Seiten aber zu kurz geraten.

Details: Hans-Jürgen Jakobs: Wem gehört die Welt? Die Machtverhältnisse im globalen Kapitalismus.
Knaus Verlag, 680 Seiten, viele Fotos und Infografiken, 37,10 Euro.

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