Wem gehören „unsere“ Seen?

Wem gehören „unsere“ Seen?
Immer mehr Österreicher zieht es statt ans Meer an die vielen Seen im Lande. Der KURIER zeigt, wem sie gehören und warum Neid unbegründet ist.

Spektakulär stürzen die Felsen der Drachenwand zum Mondsee herab, über den schmalen Kiesstränden wiegen sich Laubbäume im Takt des Windes; smaragdgrün schimmert der See, der derzeit 21 Grad misst. Der Mondsee ist schön – macht aber Arbeit.

Davon kann seine Besitzerin, Nicolette Waechter, berichten. Die 64-Jährige erbte den See vor 30 Jahren von ihrem Bruder; Kaiser Napoleon hatte ihren Vorfahren den See im 18. Jahrhundert geschenkt. Irgendwann hatte Waechter genug von der Vergabe von Fischereilizenzen, von der Besichtigung jedes einzelnen neues Steges und von dem Ärger mit Lokalpolitikern.

"Es war mir einfach zu mühsam." Darum wollte sie den See loswerden, doch das war gar nicht so leicht. Interessenten gab es genug – Russen, Scheichs und auch Bayerns Adel –, die bereit waren, die nötigen 16 Millionen Euro auf den Tisch zu legen. Aber Waechter wollte ihren See dem Land Oberösterreich verkaufen. Doch daraus wurde nichts, und die Gespräche mit den Österreichischen Bundesforsten blieben ergebnislos. "Das Angebot war lächerlich", erzählt sie dem KURIER.

Von den 26 Seen, die größer als 100 Hektar sind, befinden sich elf im Besitz der Österreichischen Bundesforste (ÖBf) – darunter die drei größten (rein österreichischen) Seen: Attersee, Traunsee und Wörthersee. Damit gehören dem Bund 73 Prozent der heimischen Gesamt-Seefläche. Etliche Gewässer sind Eigentum des jeweiligen Bundeslandes oder der angrenzenden Gemeinden (siehe Grafik).

Privates Eigentum

Wem gehören „unsere“ Seen?

Ein paar Seen stehen – wie der Mondsee – im Privatbesitz (siehe Hintergrund). Im Neusiedler See etwa badet man im Eigentum der Familie Esterházy, ein Teil gehört den Anrainergemeinden. Nur zehn Prozent des 13 Quadratkilometer großen Wolfgangsees liegen auf oberösterreichischem Gebiet. Dieser kleine Anteil am See steht im Eigentum von Erhard Scheidt. Dem St.-Wolfganger Großgrundbesitzer gehört auch der Schwarzensee (OÖ).

Der Irrsee (OÖ) wiederum, zugleich wärmster See des Salzkammerguts, gehört dem privaten "Konsortium Zeller-Irrsee". 1956 kaufte der Sportanglerbund Vöcklabruck einem Kärntner Grafen Grund, Boden und Fischereirechte ab. Geschäft sei dies keines, erzählt der Obmann Josef Eckhardt, "eher Liebhaberei".

Für die Österreichischen Bundesforste ist der Besitz von insgesamt 78 Seen schon eine rentable Einnahmequelle. Wer ein Jahr lang eine von ca. 1300 Bojen in den Attersee hängen will, muss dafür 350 Euro zahlen – 260 Euro gehen an den ÖBf. Ein Steg oder Bootshaus kostet 13 Euro pro Quadratmeter und Jahr.

740 Bojen liegen in Kärntens Gewässern. Der Wörthersee ist der teuerste See Österreichs: Ein Quadratmeter Steg schlägt mit ca. 15 Euro Pacht pro Jahr zu Buche.

Als "Land der Seen" ist Kärnten bekannt; und das weniger wegen der flächenmäßigen Ausdehnung, sondern wegen der Erwärmung der Seen im Sommer.

1270 stehende Gewässer – Hochgebirgstümpel und Teiche mitgezählt – sind für Kärnten kartografisch festgehalten. Sieben der 26 größten Seen Österreichs liegen im südlichsten Bundesland. Großteils sind sie in öffentlichem Besitz, wobei die Bundesforste den Mehrheitsanteil halten. Allerdings erst seit zehn Jahren, da gingen zehn Kärntner Seen vom Landesbesitz ins Eigentum der Republik über.

Allein für Kärnten sind bei den Bundesforsten zwei Personen abgestellt, die sich der Betreuung der Seen widmen. "Es muss auf die Grenzen geachtet werden, es werden neue Vermessungen bei Verschiebungen durch Anlandungen durchgeführt und die Vertragspartner betreut", erklärt dazu Pia Buchner von den Bundesforsten.

Reiches Erbe

Wem gehören „unsere“ Seen?

Nicolette Waechter hat sich entschieden: Sie wird den Mondsee behalten und einmal ihren Kindern hinterlassen. Was auch immer die damit vorhaben sollten: Baden und Boot fahren wird man immer dürfen, denn so steht es im Gesetz.

 

Recht: Was darf man an öffentlichen und privaten Seen?Öffentlich Unabhängig vom Besitzer kann ein See als privat oder öffentlich definiert sein. Bei öffentlichen Gewässern (z. B. Attersee, Wörthersee oder Traunsee) umfasst die Benutzung den "großen Gemeingebrauch": Dazu zählt das Tränken, Schöpfen, Waschen, Baden und Tauchen sowie die Benutzung der Eisdecke, sofern andere in der Nutzung des Gewässers nicht beeinträchtigt sowie Wasser und Uferlauf nicht gefährdet werden.

Privat Bei den als privat definierten Gewässern in Bundesforst-Besitz (dazu zählen etwa Hallstätter See, Altausseer See oder Erlaufsee) gilt nur der "kleine Gemeingebrauch", der auf Tränken und Schöpfen beschränkt ist. Diese Bestimmung stammt noch vom Wasserrecht aus dem 19. Jahrhundert, als man Wasser für sich und sein Vieh nutzen durfte. Dennoch haben die Bundesforste auch in diesen Seen das Baden gestattet.

Wasserreserven 2008 hat das Land Salzburg den Verkauf der Bundesforste von 800 Hektar im Tennengebirge angefochten, weil damit Wasser­reserven des Landes privatisiert würden. Laut Bundesforste­gesetz dürfen strategisch wichtige Wasserresourcen nicht verkauft werden. Vor dem Obersten Gerichtshof ist das Bundesland jedoch letztgültig abgeblitzt. Begründung: Es darf sich gar nicht in das privatwirtschaftliche Geschäft einmischen.

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