Weltkulturerbe: Wegen Tojner-Turm droht Wien die Rote Karte
Der österreichische Investor Michael Tojner will sich offenbar ein Denkmal setzen. Am Wiener Heumarkt, vom Hotel InterContinental bis zum Konzerthaus, will er ein groß angelegtes Bauprojekt mit einem 73 Meter hohen Turm für Nobel-Wohnungen aufziehen. Gesamte Investmentkosten: 300 Millionen Euro. Darin ist der bereits im Jahr 2012 erfolgte Kauf des Hotels InterContinental (50 Millionen Euro) mitgerechnet. Seit vier Jahren wird an dem umstrittenen Projekt getüftelt, das auch den Wiener Eislaufplatz einschließt.
"Jetzt geht das Projekt in die heiße Phase", bestätigt Thomas Madreiter, Planungsdirektor der Stadt Wien, dem KURIER. "Nun wird das Verfahren zur Neufestsetzung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes gestartet." In den nächsten Wochen können die Bürger ihre Einwände vorbringen. Die Phalanx der Gegner ist überaus breit. Vor allem gegen die Turmhöhe laufen Initiativen Sturm: Er störe das historische Stadtbild erheblich. An vorderster Front der Gegner steht Icomos Österreich, eine Filiale der Denkmalschutz-Abteilung der UNESCO. Laut einem Icomos-Bericht ist der Bau bzw. der Turm am Heumarkt nicht in Einklang mit dem Weltkulturerbe-Status zu bringen.
Strenge Regeln
"Man muss die Lage als sehr ernst einstufen. Wenn die Stadt Wien dieses Projekt so durchziehen will, dann muss das Weltkulturerbe-Komitee nach den strengsten Möglichkeiten entscheiden", sagt Wilfried Lipp, Chef von Icomos Österreich und früherer Landeskonservator für Oberösterreich, zum KURIER. "Der Vertragspartner der UNESCO ist die Republik Österreich, nicht die Stadt Wien und auch nicht der Herr Bürgermeister." Nachsatz: "Es wäre ein vorsätzlicher Bruch der Weltkulturerbe-Konvention." Im schlimmsten Fall würde Wien auf die "rote Liste" der UNESCO gesetzt. Eine diesbezügliche Entscheidung wird das Weltkulturerbe-Komitee im Sommer bei einer Tagung in Istanbul treffen. "Dass die sozialdemokratisch geführte Stadt Wien ein Projekt, das ausschließlich auf private Kapitalinteressen gestützt ist, so massiv unterstützt, wirft nicht nur bei mir viele Fragen auf", sagt Denkmalpfleger Lipp. "Sie sind aber nie beantwortet worden."
Alles im Lot
"Für eine pulsierende Stadt wie Wien ist nicht nur die Bewahrung, sondern auch die Entwicklung notwendig", sagt Madreiter. Es sei ihm aber klar, dass das Projekt am Heumarkt ein Casus Belli werde, sprich ein heftiger Streitfall. "Es wird eine Verhärtung der Fronten eintreten", weiß der Stadtplaner. "Am Ende des Tages wird Meinung gegen Meinung stehen."
Das ist das Modell des gesamten neuen Heumarkt-Viertels, das die Firma Wertinvest von Michael Tojner ab dem Frühjahr 2018 bis 2020 bauen will.
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