Weihnachten mit 45 Mrd. Euro
Griechenland hofft auf knapp 45 Milliarden Euro Finanzhilfe bis zum Jahresende. Es handelt sich um alle drei Teilzahlungen, die für dieses Jahr ausstehen. "Wir tun alles was wir können, damit diese Gelder kommen", sagte ein Mitarbeiter des Finanzministeriums am Mittwoch der Deutschen Presseagentur dpa. Griechenland braucht das Geld, um seine Banken zu rekapitalisieren und rund sieben Milliarden Euro an staatlichen Verpflichtungen zu decken. Athen zahlt seit Monaten nur noch Löhne und Renten sowie die für das Funktionieren des Staates absolut notwendigen Gelder.
Griechenland habe bisher insgesamt 148,6 Milliarden aus den beiden Hilfspaketen (110 und 130 Milliarden Euro) erhalten. 31,5 Milliarden Euro sollten im Juni fließen, weitere fünf Milliarden im Oktober. 8,3 Milliarden Euro sind für Dezember geplant. Am Dienstag hatte sich der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble dafür ausgesprochen, alle drei geplanten Tranchen bis Jahresende gemeinsam zu behandeln. " Weihnachten mit mehr als 44 Milliarden Euro", jubelte am Mittwoch die Athener Zeitung Ta Nea um anschließend die Leser wieder auf den Boden der Realität zurückzubringen: "Aber nur unter harten Bedingungen", hieß es.
Schlecht fielen die aktuellen Konjunkturzahlen für Griechenland aus: Wie die griechische Statistikbehörde nach ersten Schätzungen am Mittwoch mitteilte, ist das BIP im dritten Quartal erneut gefallen: Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum schrumpfte es um 7,2 Prozent.
Automatische Anpassung
Aus Kreisen des Finanzministeriums hieß es unterdessen, das Geld werde nicht so überwiesen, wie man es sich in Athen wünscht. Es werde vielmehr eine Art automatische Anpassung des Sparprogramms geben. Sollte Griechenland beispielsweise die vereinbarten Einnahmen aus Privatisierungen binnen einer bestimmten Zeit nicht schaffen, sollten dann automatisch Kürzungen im staatlichen Bereich in Kraft treten.Die Euro-Finanzminister wollen am Dienstag kommender Woche (20. November) das Griechenland-Paket endgültig unter Dach und Fach bringen.
Kurzfristigere Lösung
Wie Insider berichten, könnten die Finanzminister ihre Hilfsstrategie beim nächsten Treffen ein wenig abändern. So soll die Finanzierungslücke der Griechen vorerst einmal nur bis ins Jahr 2014 gestopft werden. An einer Lösung bis 2020 könne man auch später arbeiten. "Wir werden uns auf 2013 und 2014 konzentrieren. Dabei geht es um eine Summe von etwa 13,5 Milliarden Euro", sagte die an den Verhandlungen beteiligte Person der Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch, ohne weitere Details zu nennen.Laut einem Vorausbericht des Handelsblatt könnte diese Summe ohne neue Kredite aufgebracht werden. Ein nicht namentlich genannter Vertreter der Euro-Zone sagte der Zeitung, frisches Geld sei derzeit keine Option. Zusätzlich zu einem Zinserlass sei deshalb auch eine Verlängerung der Laufzeiten im Gespräch.
Erstes Rettungspaket
Das im Mai 2010 aufgelegte Hilfspaket von EU, Internationalem Währungsfonds ( IWF) und aus bilateralen Krediten der Euro-Partner umfasste 110 Mrd. Euro bis 2014. Etwa 53 Mrd. entfallen auf die Euro-Länder selbst, der IWF hat gut 20 Mrd. beigesteuert.
Zweites Rettungspaket
Im Oktober 2011 einigten sich die Euro-Länder und Banken auf eine Entschuldung für Athen. Private Gläubiger mussten mehr als die Hälfte ihrer Kredite abschreiben. Dadurch wurden die Schulden Griechenlands um 100 Mrd. Euro gedrückt. Nachdem der Schuldenschnitt im März 2012 gelang, gaben die Euro-Finanzminister einen Teil des neuen, zweiten 130-Milliarden-Euro-Rettungspaketes frei.Ziel ist es, die Staatsverschuldung bis 2020 auf rund 120 Prozent der Wirtschaftsleistung zu senken. Das gilt aber angesichts der stark schrumpfenden Wirtschaft inzwischen als unwahrscheinlich. Griechenland verpflichtete sich in einer Absichtserklärung ("Memorandum of Understanding") zu erheblichen Einschnitten und Reformen.
Seit 8. November steht das griechische Sparprogramm – es fand eine hauchdünne Mehrheit im Parlament. Das Budget soll durch den Sparkurs bis Ende 2014 um 13,5 Milliarden Euro entlastet werden. Bis 2016 sollen dann weitere 3,4 Milliarden Euro eingespart werden. Hier eine Übersicht über die wichtigsten Maßnahmen:
- Pensionisten müssen mit Kürzungen in Höhe von fast 4,8 Milliarden Euro rechnen. Alle Pensionen über 1.000 Euro werden um fünf bis 15 Prozent gesenkt. Abgeschafft wird das Weihnachtsgeld; es war bereits von einer Monatspension auf 400 Euro gekürzt worden. Die Gewerkschaften rechneten aus, dass damit die Pensionisten im Durchschnitt 2.000 Euro im Jahr verlieren werden.
- Das Pensionsalter wird für alle von 65 Jahre auf 67 Jahre angehoben.
- Auch den Staatsbediensteten werden die von Weihnachts- und Urlaubsgeld verbliebenen 400 Euro gestrichen. Viele Löhne und Gehälter sollen um sechs bis 20 Prozent verringert werden. Bis Ende 2012 sollen 2.000 Staatsbedienstete in die Frühpensionierung gehen oder entlassen werden. Bis zum Erreichen des Pensionsalters erhalten sie dann 60 Prozent ihres letzten Gehalts. (Beispiele für griechische Gehälter: Der Generalstabschef verdient noch 1.873 Euro netto pro Monat, der Chef des höchsten Gerichtshofes - vergleichbar mit dem Obersten Gerichtshof - fällt von 4.134 auf 3.023 Euro, ein Botschafter von 2.234 auf 1.899 Euro netto.)
- Abfindungen für entlassene Arbeitnehmer werden drastisch gesenkt. Arbeitgeber dürfen Verträge mit jedem einzelnen Arbeitnehmer schließen. Damit werden Tarifverhandlungen praktisch umgangen.
- Im Gesundheitswesen sollen 1,5 Milliarden Euro eingespart werden. Unter anderem sollen sich die Versicherten mit höheren Eigenbeiträgen beim Kauf von Medikamenten beteiligen. Zahlreiche Krankenhäuser sollen schließen. Andere zusammengelegt werden.
- Die Gehälter der Angestellten öffentlich-rechtlicher Betriebe wie beispielsweise der Elektrizitätsgesellschaft DEI sollen denen der Staatsbediensteten angeglichen werden. Dies bedeutet für die Betroffenen nach Berechnungen der Gewerkschaften bis zu 30 Prozent weniger Geld.
- Familien, die mehr als 18.000 Euro im Jahr verdienen, haben keinen Anspruch mehr auf Kindergeld.
- Weitere Details des Sparprogramms sollen mittels Gesetzen geregelt werden, die in den kommenden Monaten verabschiedet werden sollen.

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