Weichen für die 6000 Eisenbahner-Wohnungen werden neu gestellt

Bisher legte sich die Gewerkschaft gegen einen Verkauf der Dienstwohnungen quer
Teilverkauf und Sanierungen / Aufsichtsrat nicht einig

Als ÖBB-Chef wollte SPÖ-Bundeskanzler Christian Kern die 6000 Dienstwohnungen am liebsten loswerden. Verteilt auf 550 Mehrfamilien- und Zinshäuser in ganz Österreich, teilweise Bruchbuden in Kategorie C, etliche leer stehend, teilweise gute Lagen, in denen auch Ex-Vorstände logieren.

Wohnungen gehören nicht zum Kerngeschäft der Bahn, sind aber wegen der niedrigen Mieten ein Zuckerl für die Belegschaft und ein Machtinstrument der Gewerkschaft. Der Betriebsrat unter Bahngewerkschafter Roman Hebenstreit hat ein Einweisungsrecht und entscheidet, wer einziehen darf. Dieses Privileg ist in Betriebsvereinbarungen festgezurrt, bestätigte der Arbeitsrechtler Wolfgang Mazal in einer Expertise. Die Wohnungen gelten als Wohlfahrtseinrichtung.

Seit 2009 streitet das Management mit der Gewerkschaft über die Dienstbleiben, die der Staatsbahn Verluste bescheren. Ein Verkauf oder eine ertragsorientierte Bewirtschaftung scheiterten immer am Veto der Betriebsräte. Die streitbaren Gewerkschafter haben zwar kein verbrieftes Recht, dass sie zustimmen müssen, doch eine Veräußerung gegen ihren Willen hätte jahrelange Gerichtsverfahren ausgelöst. Schließlich wurde die Idee geboren, die Wohnungen, die im Eigentum der Infrastruktur-Tochter der Bahn sind, in eine Stiftung einzubringen. Damit wären die Immobilien allerdings völlig dem Zugriff der ÖBB entzogen. Die Stiftung stand im März auf der Aufsichtsrats-Agenda, wurde aber nach heftigen Diskussionen verworfen und von der Tagesordnung genommen. Ein Gutachten bescheinigte nachträglich, dass diese Konstruktion gar nicht rechtskonform gewesen wäre.

Morgen, Donnerstag, beschäftigt sich das Präsidium des Holding-Aufsichtsrates wieder mit den Wohnungen. Mit dabei – ohne Stimmrecht – auch Hebenstreit. Das Präsidium legt die Agenda für den Gesamt-Aufsichtsrat am 4. Oktober fest.

Neue Variante

Diesmal wird den Aufsichtsräten eine Light-Version präsentiert. Die Wohnungen bleiben doch in der Infrastrukturgesellschaft. Es wird eine Privatstiftung gegründet, unter der Liegenschafts-GmbHs angesiedelt werden. Diese sollen die Wohnungen managen.

In der Stiftungsurkunde ist festgeschrieben, dass die GmbHs die Wohnungen mit Gewinn bewirtschaften müssen. Laut dem Business-Plan sollen Immobilien, die nicht benötigt werden (vor allem im ländlichen Raum) verkauft werden, um mit dem Erlös die restlichen Wohnungen zu sanieren und auf Kategorie-A-Standard anzuheben.

Damit sei der Betriebsrat, der vermutlich auch in den Stiftungsvorstand einziehen wird, in die Pflicht genommen und könne nicht mehr gegen die Veräußerung von Wohnungen optieren, argumentieren Befürworter der Stiftungslösung. Diese könne im Gegensatz zu allen anderen Rechtsformen de facto nachträglich nicht revidiert werden.

Freilich gibt es auch Kritiker. Kurt Weinberger, Vize-Vorsitzender des Aufsichtsrates, beruft sich gegenüber dem KURIER grundsätzlich auf seine Verschwiegenheitspflicht. Meint aber, konkret auf die Stiftung angesprochen: "Falls dieser Antrag gestellt würde, würde ich klar gegen eine Privatstiftung sein. Weil ich diese als intransparent sehe und damit der Holding-Aufsichtsrat der ÖBB künftig keine Kontroll- und Gestaltungsrechte bei der Weiterentwicklung der Wohnungen hätte". Außerdem würde eine Stiftungskonstruktion "erhebliche Kosten verursachen".

ÖVP-Verkehrssprecher Andreas Ottenschläger ist nach wie vor "skeptisch, wozu diese Konstruktion überhaupt benötigt wird". Die ÖBB habe "keine Handhabe über die Stiftung" und Transparenz sei auch nicht mehr gewährleistet.

Wohnungsbestand bisher nicht gemanagt

Die Wohnungen wurden seit 15 Jahren nicht mehr gemanagt, daher der miserable Zustand und die Leerstände. Obwohl die ÖBB-Immobilienmanagement GmbH laut Bundesbahngesetz § 24 zur "bestmöglichen Bewirtschaftung" verpflichtet ist. Da ständig über einen Verkauf von Objekten gestritten wurde, blieb das Management vorsichtshalber untätig. Im Aufsichtsrat dieser Gesellschaft sitzt seit 2007 auch der neue Bahn-Chef Andreas Matthä.

Die Bahn braucht übrigens in den nächsten Jahren 10.000 neue Mitarbeiter. Da die Bezahlung nicht so toll ist und die beliebten Frühpensionen Vergangenheit sind, bleiben als Anreiz die günstigen Dienstwohnungen.

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