Wegen Marsalek: Ex-Wirecard-Chef Braun bleibt noch ein Jahr in Haft

Finance Committee hearing on Wirecard scandal
Die Münchner Justiz will eine weitere Flucht im Wirecard-Skandal verhindern, der Österreicher bleibt somit weiter in U-Haft.

Seit mehr als einem Jahr sitzt Markus Braun nun schon hinter Gittern. Am 22. Juli 2020 wurde der 52-jährige Österreicher festgenommen, seither sitzt er in der Justizvollzugsanstalt Augsburg-Gablingen in Untersuchungshaft. Ein Ende ist dabei noch lange nicht in Sicht, im Gegenteil: Braun wird wohl noch mindestens ein weiteres Jahr im Gefängnis verbringen müssen, ehe es zu einem Prozess kommen wird.

Wie die Süddeutsche Zeitung (SZ) berichtet, sieht das Oberlandesgericht München nämlich eine imminente Fluchtgefahr bei Braun. Das hat vor allem damit zu tun, dass der Hauptverdächtige im Wirecard-Bilanzskandal, Ex-Finanzvorstand Jan Marsalek, seit Juni 2020 auf der Flucht vor den Behörden ist. Sollte Braun nun also freigelassen werden, so bestehe die Gefahr, dass die beiden ehemaligen Vorstandskollegen miteinander in Kontakt treten oder sogar versuchen könnten, gewisse Geschehnisse rund um Wirecard zu vertuschen. Da es nach wie vor keine klare Spur zu Marsaleks aktuellem Aufenthaltsort gibt, will die Staatsanwaltschaft München keine Risiken eingehen.

Ein weiteres Problem für die deutschen Behörden ist, dass Braun - wie auch Marsalek - österreichischer Staatsbürger ist. Würde sich der 52-Jährige also kurz nach seiner Freilassung in die Heimat absetzen, so könnte ein mühsames Auslieferungsverfahren anstehen, das Braun zusätzlich Zeit verschaffen würde.

Prozessbeginn erst 2022

Zeit, die Braun jetzt weiter hinter Gittern verbringen muss. Vor einem etwaigen Prozessbeginn wird der ehemalige Wirecard-CEO keinesfalls freikommen, wahrscheinlich auch während des Verfahrens nicht. Weil sich die Vorwürfe aber wie eine Auflistung aller möglichen schweren Wirtschaftsverbrechen liest, dürfte eine Anklage frühestens im Herbst vorliegen: Braun droht ein Prozess wegen Milliardenbetruges, Bilanzfälschung, Manipulation des Aktienkurses und Veruntreuung von Konzernvermögen. Braun selbst sieht sich als Opfer einer von Marsalek angeführten Bande.

Bisher gibt es noch nicht einmal einen Entwurf der Anklageschrift, die Ermittlungen scheinen sich schwierig zu gestalten. Die bayrischen Behörden sind wegen der tausenden Dokumente rund um den Wirecard-Skandal bis heute ausgelastet, zudem braucht es Rechtshilfe aus etlichen anderen Ländern, darunter Österreich, Weißrussland, die Vereinigten Arabischen Emirate, Singapur oder die Philippinen. Beginnen dürfte das Gerichtsverfahren daher wohl frühestens Anfang nächsten Jahres.

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