Was Sie über Privatkonkurse unbedingt wissen sollten
Die Schuldnerberatungen begrüßten die Novelle 2017 des Privatinsolvenzrechtes. Die Mindestquote von zehn Prozent im Abschöpfungsverfahren wurde gestrichen. An dieser Hürde waren viele Privatpleitiers gescheitert. Nun sind die Anforderungen günstiger. Zugleich wurde das Abschöpfungsverfahren von sieben auf nur fünf Jahre verkürzt. Für den KSV1870 kam die Novelle überfallsartig und man haderte anfangs damit.
Man darf nicht vergessen, dass zugleich neue Pflichten für die privaten Schuldner eingeführt wurden. „Sie müssen sich jetzt noch intensiver um eine Beschäftigung bemühen, wenn sei keine haben und auch danach trachten, pfändbare Beträge zu verdienen. Irgendeine Beschäftigung ist fortan nicht mehr ausreichend“, heißt es dazu vom Gläubigerschutzverband KSV1870. „Das führte anfänglich zu erhöhtem Diskussionsaufwand in den Verhandlungen und brachte etwa eine Verdoppelung der Fälle, bei denen die Verhandlungen erstreckt werden mussten.“ Nachsatz: „Mittlerweile aber haben sich die Wogen geglättet und die Player auf Seiten der Schuldner, sowie der Gläubiger haben gelernt, mit den neuen Bedingungen umzugehen.“
Der Privatkonkurs wurde 1995 in Österreich eingeführt und ist ein Erfolgsmodell. Über die Jahre gerechnet gibt es einen Anstieg um zwölf Prozent. Mit der Novelle wurde befürchtet, dass die Zahlungspläne abnehmen werden. Haben bisher 70 Prozent den privaten Schulder ihren Gläubigern Zahlungspläne angeboten, so waren mit der Novelle nur 66 Prozent. Heute sind sie wieder auf 69 Prozent gestiegen. "Die Quote wird sich weiter nach oben bewegen", sagt KSV1870-Experte Hans-Georg Kantner. Beim Zahlungsplan einigen sich Schuldner und Gläubiger auf eine Rückzahlung. Mit Annahme des Zahlungsplans ist das Insolvenzverfahren aufgehoben.
Zahlungsplan und Abschöpfungsverfahren
Die häufigsten Gründe der Überschuldung sind Arbeitslosigkeit bzw. Einkommensverschlechterungen sowie eine gescheiterte Selbstständigkeit. Ehemalige Unternehmer, die den Weg des Privatkonkurses einschlagen, sind häufig ehemalige Ein-Mann-Unternehmer wie etwa Paketzusteller oder Handwerker. Oft sind die Betroffenen aus der Arbeitslosigkeit heraus Unternehmer geworden.
Es gibt zwei unterschiedliche Verfahren: Den Zahlungsplan, bei dem den Gläubigern eine bestimmte Quote angeboten wird, und das unangenehmere Abschöpfungsverfahren, beim das Einkommen bis auf das Existenzminimum (rund 900 Euro) einkassiert wird.
In fast 70 Prozent der Fälle bieten die Privatschuldner einen sogenannten Zahlungsplan an. Nach fünf Jahren wird ihnen die Restschuld erlassen. In vielen Fällen zahlen sie lediglich 20, 30 oder 50 Euro pro Monat. Das reicht grundsätzlich. Die Gläubiger müssen aber dem Zahlungsplan zustimmen. Daher wird oft die Verbesserung der angebotenen Zahlungsleistung eingefordert
Ein Drittel ehemalige Selbstständige
Der Anteil der abgeschlossenen Zahlungspläne geht seither kontinuierlich in die Höhe, derzeit rund 69 Prozent aller Verfahren, und die dabei abgeschlossenen Quoten ebenfalls.
Im Jahr 2019 wurden (hochgerechnet) 9.534 Schuldenregulierungsverfahren (Privatkonkurs) eröffnet. Das ist zwar ein Rückgang gegenüber 2018 von rund fünf Prozent, doch die Analyse der KSV1870-Experten zeigt, dass, wenn man das Jahr 2018 um eine Anomalie bereinigt, darin in Wahrheit ein Wachstumswert liegt.
Mit den eröffneten Verfahren werden rund 1,414 Milliarden Euro Schulden einer Regulierung zugeführt. "Durchgerechnet waren das an jedem Gerichtsarbeitstag 38 Konkurse mit Schulden von immerhin 148.000 Euro.Tatsächliche Verbraucher hatten dabei durchschnittliche Verbindlichkeiten in Höhe von 63.300 Euro", heißt dazu vom KSV1870. "Ehemals Selbständige machen etwa 31 Prozent aller Konkurse aus und haben Verbindlichkeiten in Höhe von rund 340.000 Euro.
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