Warum kostenlose Wetter-Apps oft falsch liegen

Warum kostenlose Wetter-Apps oft falsch liegen
Wirklich zuverlässige Wettervorhersagen kombinieren verschiedene Modelle.

Machen wir uns nichts vor: Eine Grillparty nach langem Hin und Her wegen vorhergesagten Regens abzusagen, nur um dann einen lauen Sommerabend alleine zu verbringen, kann einem schon die Stimmung verhageln. Genauso, wie die geplante Radtour nach ebenso langem Hin und Her anzutreten, nur um bei Kilometer 15, gerade so richtig unangenehm weit entfernt vom nächsten, Schutz-bietenden Wirtshaus, von einem Moment zum nächsten im gefühlten Weltuntergang zu landen.

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In so einem Moment die Wetterfrösche zu verfluchen, ist ein nahe liegender Reflex. Und doch stehen die Chancen gut, dass man – Achtung, jetzt wird es unangenehm – selbst schuld ist. Denn an sich liegt die Eintrittswahrscheinlichkeit einer zuverlässigen Prognose innerhalb der nächsten drei Tage bei über 95, bis zum fünften Tag immer noch bei 75 Prozent, sagt Thomas Krennert von der GeoSphere Austria.

Weltweites Netz

Doch wann ist eine Prognose zuverlässig? Vereinfacht gesagt, wenn globale Wettermodelle mit lokalen angereichert werden. „Nesten“, nennt das Krennert. „Wir spannen ein Netz von Daten-Knoten rund um die Erde. Und je größer die Rechenleistung der Rechner-Cluster ist, desto dichter liegen die Maschen im Netz zusammen.“ Das ist entscheidend, weil das Wetter für jede Masche des Netzes einzeln modelliert wird. Und lokale Modelle sind entsprechend höher aufgelöst.

Die meisten Gratis-Apps nutzen die kostenlosen Daten des amerikanischen GFS-Modells. Dieses hat aber ein relativ weitmaschiges Netz von 28 Kilometern Knotendistanz. In den in weiten Teilen recht flachen USA kein Problem, im kleinräumigen Alpenraum jedoch schon. Zudem machen es Berge ganz allgemein komplizierter, sagt Krennert.

Die GeoSphere ist hingegen Teil des Konsortiums „European Centre for Medium-Range Weather Forecasts“ (ECMWF), das aufgrund seiner im Vergleich zu privaten Anbietern ungleich besseren Ressourcen als Goldstandard gilt und ein Netz mit neun Kilometern Maschenweite aufspannt.

Das Konsortium unterhält in Bologna nicht nur einen der leistungsfähigsten Computer der Welt, es zieht aufgrund seiner finanziellen und technischen Ausstattung auch die besten Fachleute an. Mit Thomas Haiden arbeitet dort übrigens ein Österreicher und langjähriger GeoSphere- (bzw. damals noch ZAMG-) Mitarbeiter in leitender wissenschaftlicher Position.

Lokales Wissen

Zusätzlich wird das ECMWF-Modell von den Expertinnen und Experten der GeoSphere mit dem lokalen AROME-Modell (Maschenweite: ein Kilometer) verknüpft und die Prognose dadurch weiter verfeinert.

Womit wir beim nächsten Punkt sind: Es geht nicht nur um Maschen, es geht auch um Manpower. Private Anbieter veredeln die Rohdaten automatisiert und erstellen daraus Punktprognosen. Das funktioniert – wir erinnern uns: die Berge – im Flachland besser, in Österreich weniger gut. Ein Beispiel: Wenn die Luftfeuchte einen bestimmten Schwellenwert erreicht, zeigt die Gratis-App ein Wolkensymbol an. Die Realität ist aber deutlich komplexer. So hat eine bestimmte relative Luftfeuchte je nach Jahreszeit unterschiedliche Effekte. Um das in die Prognose miteinfließen zu lassen, braucht es aber erfahrene Meteorologinnen und Meteorologen. Zu guter Letzt ist schon die Datenbasis des staatlichen Wetterdienstes, mit denen die Gleichungen gefüttert werden, besser, denn die GeoSphere kann neben global gesammelten Daten zusätzlich auf die von 268 eigenen Messstationen zurückgreifen.

  • Bergfex
    Die Wetter-App von Bergfex hat sich auf Vorhersagen im Alpenraum spezialisiert. Für detaillierte Prognosen werden allerdings  3,99 Euro pro Jahr fällig. 
  • Morecast
    Die kostenlose Anwendung stammt vom Wetterdienst Ubimet. Neben zahlreichen Grafiken ist auch ein Wetterradar mit Niederschlagsprognose dabei.   
  • Pflotsh
    Der Name ist zwar eigenartig, die Vorhersagen dafür umso präziser.  Für detaillierte Prognosen aus mehreren Modellen ist ein Abo für (45 Euro pro Jahr) nötig. 
  • wetter.zone
    Die Handy-App von GeoSphere Austria (vormals ZAMG) ist kostenfrei und liefert neben den textbasierten Prognosen auch Wetterkarte und Regenradar. 
  • Windy.com
    Die App bietet präzise Prognose, zahlreiche Grafiken und Animationen. Zusätzliche Funktionen gibt es in der Pro-Version (20,99 Euro pro Jahr). 

Trotzdem hat jede Kunst ihre Grenzen. Lokale Sommergewitter in den Bergen etwa. „Wir wissen vielleicht ein, zwei Tage im Voraus, in welcher Region Gewitter entstehen können. Aber wo sie dann wirklich niedergehen, das wissen wir vielleicht eine Stunde im Voraus“, sagt Krennert. Zudem sind solche Einzelzellengewitter extrem kurzlebig, nach maximal 15 Minuten ist alles schon wieder vorbei.

Im Winter ist es im Vergleich leichter, weil es mehr flächige als punktuelle Niederschläge gibt.

Echtzeit-Meldungen

Während der Klimawandel die Vorhersage an sich nicht erschwert, hat er sehr wohl häufigere und heftigere Extremwetterereignisse zur Folge. Um die Vorhersagen dafür trotz der Komplexität weiter zu verbessern, betreibt die GeoSphere seit einiger Zeit ein Citizen-Science-Projekt. Unter wettermelden.at kann jede und jeder in Echtzeit das aktuelle Wettergeschehen einmelden. Diese Daten fließen dann in die Feedback-Schleifen mit ein, mit denen die Wetterwarnungne aktualisiert werden. Daten von Wetterstationen und Satelliten haben eine Verzögerung von ein paar Minuten, diese Meldungen landen aber in Sekunden auf den GeoSphere-Rechnern.

Am Ende bleibt aber selbst die beste Prognose eine Abschätzung der Wahrscheinlichkeit zu einem bestimmten Zeitpunkt. Nicht mehr und nicht weniger.

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