Warum Erste-Bank-Chef Peter Bosek Wien den Rücken kehrt
Die Nachricht schlug im Haus ein wie eine Bombe, wie es ein Mitarbeiter der Erste Bank gegenüber dem KURIER formulierte. „Wir sind sehr traurig“, war eine weitere Reaktion zum überraschenden Abgang vom langjährigen Erste Bank-Manager Peter Bosek.
Wie die Bank am Freitag bekannt gab, wird der Chef der Österreich-Tochter der Erste Group mit Jahresende ausscheiden. Er wechselt zu einem Institut, das hierzulande wohl nur Insidern bekannt sein dürfte. Es handelt sich um die baltische Luminor Bank in Tallinn.
Aber warum geht Bosek überhaupt? Und wieso wird er dermaßen geschätzt? Kollegen und Branchenkenner charakterisieren ihn als ehrlich, fachkundig und pointiert. Ein charismatischer Banker, der sich hemdsärmelig in die Bedürfnisse der Kunden hineinversetzen kann.
Dass das Online-Banking-System „George“ relativ reibungslos ausgerollt werden konnte (was mit Blick auf Mitbewerbern nicht selbstverständlich ist), wird ihm zugeschrieben. „Und jetzt in der Krise hat er sich voll reingehaut“, heißt es.
Dass Bosek entgegen der Erwartung vieler nicht Nachfolger des jahrelangen Gruppenchefs Andreas Treichl wurde, habe ihn nicht beleidigt, wird kolportiert. Das Verhältnis zum neuen Chef Bernd Spalt sei professionell und konfliktfrei.
Vielmehr, so heißt es, sah er im Angebot der estnischen Bank die Chance, ins Ausland zu gehen – dies zeichne einen Top-Banker aus. Darüber hinaus habe er kein Interesse gehabt, in einem Markt, wo auch die Erste vertreten ist, gegen sein Institut anzutreten. Immerhin war er 24 Jahre in der Ersten, davon mehr als 13 Jahre in Managementpositionen.
Der 52-jährige habe lange darüber nachgedacht, der Zeitpunkt sei nun aber ideal. Seine beiden Söhne sind erwachsen und er hat keine weiteren familiären Verpflichtungen. Und das Salär dürfte wohl höher sein als in Österreich.
Viel Potenzial
Das verwundert nicht. Die 2017 gegründete Luminor Bank steht zu 60 Prozent im Besitz der US-Investmentgesellschaft Blackstone. Diese und die Erste Group hatten in der Vergangenheit einige geschäftliche Kontakte, etwa bezüglich Finanzierungen oder dem Verkauf diverser Assets.
Die in allen drei Ländern des Baltikums vertretene Bank weist eine Bilanzsumme von rund 15 Milliarden Euro auf – die Erste kommt alleine in Österreich auf das Doppelte bei weniger Mitarbeitern (3.000 zu 27.000). Offenbar schlummert also noch viel Potenzial in der Bank, das es für Bosek zu heben gilt.
In der Erste beginnt nun die fieberhafte Suche nach einem Nachfolger. „Das ist eine große Herausforderung“, wird bestätigt.
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