Warum der Notenbank-Gouverneur derzeit schlecht schläft
Die Teuerung im Euro-Raum stieg im Oktober auf 4,1 Prozent, das ist der höchste Wert seit 13 Jahren. Die Europäische Zentralbank (EZB) geht zwar offiziell nach wie vor davon aus, dass die Inflation nächstes Jahr wieder sinken wird, doch die Notenbanker beobachten die Entwicklung sehr genau. Auch in Österreich.
Finanzminister Gernot Blümel hatte kürzlich gesagt, die Inflation sei ein Riesenthema, das ihm schlaflose Nächte bereite. Robert Holzmann, Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank, gestand am Freitag im Klub der Wirtschaftspublizisten ein, dass auch ihm die Inflation „schlaflose Nächte“ bereite.
Derzeit würden alle Modelle darauf hinweisen, dass die Inflation am Ende des Planungshorizonts der EZB 2023 wieder bei unter zwei Prozent zu liegen komme. Daher gibt es laut EZB-Chefin Christine Lagarde keinen geldpolitischen Grund, die Zinsen zu erhöhen.
Fragt sich nur, ob die bisherigen Modellrechnungen überhaupt noch Gültigkeit haben. Sollte die starke Teuerung nicht nachlassen, „dann haben wir wahrscheinlich ein Problem“, sagte Holzmann. Eine Inflation einzufangen, sei teuer und koste Wirtschaftswachstum sowie Arbeitsplätze.
Schnellere Methodik
Man müsse, so Holzmann, „schneller und besser herausfinden, wie sich die Inflation entwickelt“. Etwa in Abständen von zwei Wochen oder einem Monat. Die den Notenbankern zur Verfügung stehenden High-Frequency-Daten sollen offenbar rascher ausgewertet werden.
Die EZB hat während des Sommers ihre Methoden zur Messung der Teuerung überarbeitet. Künftig könnten beispielsweise nicht nur die Mieten, sondern auch die Kosten für selbst genutzte Eigenheime mit berücksichtigt werden.
Modelle der EZB hätten dafür einen zusätzlichen Effekt von 0,5 Prozentpunkten ergeben. Das sei nicht wenig, aber derzeit gebe es nur Probe-Berechnungen. Dazu würden unterschiedliche Ansätze diskutiert. Die Notenbanker hoffen, dass Eurostat, das statistische Amt der EU, „so rasch wie möglich“ Ergebnisse liefere.
Die jetzige Teuerung basiere auf den hohen Energiepreisen und den Lieferengpässen in der Industrie, meinte der OeNB-Chef. Diese Verzögerungen kosteten die Wirtschaft laut Holzmann in den ersten drei Quartalen 2021 einen Verlust von 750 Millionen Euro, was sich auf das Wachstum auswirken werde. Steigende Zinsen aber würden den Unternehmen gegen die hohen Energiepreise nicht helfen, verteidigte Holzmann die Niedrig-Zins-Politik. Er hoffe auch auf vernünftige Lohnabschlüsse, die keine zusätzliche Dynamik in die Teuerung bringen würden.
Energiewende
Zur Energiewende meinte der Notenbank-Chef, dass die Kosten derzeit unterschätzt würden. Der Großteil sollte privatwirtschaftlich umgesetzt werden, „das Geld und die Ideen sind da“. Allerdings gebe es noch keinen europäischen Energieplan, „von öffentlicher Seite liegt noch wenig auf dem Tisch“.
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