Warum das Geständnis von Ex-Audi-Chef Stadler die Chancen auf Schadenersatz verbessert

Exakt 168 Verhandlungstage hat es gedauert, bis der frühere Audi-Chef Rupert Stadler vor Gericht einräumte, sich im Abgasskandal mit Dieselfahrzeugen falsch verhalten zu haben. Er hätte eingreifen können, habe das aber unterlassen, hieß es am Dienstag in einer Erklärung, die Stadlers Verteidigerin verlesen hat. Es sei ihm nicht gelungen, die Dieselkrise im Audi-Konzern zu lösen. Er habe sich zunächst auf seine Fachleute verlassen und es in weiterer Folge unterlassen, für Aufklärung zu sorgen. Er bedauere das sehr, er hätte mehr Sorgfalt walten lassen müssen. Laut Gericht soll Stadler spätestens im Juli 2016 erkannt haben, dass die Abgaswerte von Audi-Fahrzeugen manipuliert gewesen sein könnten, er habe aber den Verkauf bis 2018 weiterlaufen lassen. Der 60-jährige Ex-Manager hat sich mit dem Geständnis vor einer Haftstrafe bewahrt. Jetzt droht ihm bloß eine Bewährungsstrafe von maximal zwei Jahren und eine Geldstrafe in Höhe von 1,1 Millionen Euro.
Der KURIER hat zu diesem Skandal mit Anwalt Michael Poduschka die wichtigsten Fragen und Antworten zusammengestellt.
Was versteht man unter dem Dieselskandal?
Am 18. September 2015 wurde öffentlich bekannt, dass VW in elf Millionen Diesel-Fahrzeugen der Motorenreihe EA189 eine mutmaßlich illegale Abschalteinrichtung eingesetzt hatte, damit die Abgasnormen auf dem Prüfstand eingehalten werden. Später kamen Autos der VW-Motorenreihe EA288 sowie 3.0-Liter- und 4.2-Liter-Motoren von Audi dazu.
Ist ein Thermofenster eine illegale Abgas- Abschalteinrichtung?
Das Thermofenster stellt eine Software im Auto dar, die die Abgasreinigung bei bestimmten Temperaturen ausschaltet. Im Normalbetrieb wird die Abgasreinigung weitgehend abgeschaltet. So gibt es Pkw, bei denen unter 15 Grad Celsius und bei mehr als 33 Grad keine Abgasreinigung mehr stattfindet. Die Hersteller behaupten, dass das Thermofenster den Motor vor Schäden schützt.
Ist jedes Thermofenster unzulässig?
Nicht alle Thermofenster sind rechtswidrig. Wenn die Abgasreinigung im Großteil des Jahres funktioniert, ist ein Thermofenster laut Experten zulässig. Laut dem Verwaltungsgericht Schleswig muss ein zulässiges Thermofenster zumindest unter minus 15 Grad und über 40 Grad Celsius groß sein.
Welche Hersteller haben Thermofenster eingebaut?
Thermofenster wurden von fast allen namhaften Herstellern verbaut. Neben VW, Audi, Porsche, Skoda und Seat sollen auch Mercedes, Fiat, Opel, Renault, Hyundai und Nissan betroffen sein.
Wurde die Thermofenster-Problematik durch Software-Updates behoben?
Laut einem aktuellen OGH-Urteil saniert eine nachträglich aufgespielte Software, die das Problem beheben sollte, den Schaden für den Autokäufer nicht. „Das Software-Update hat nur den Prüfstand-Erkennungsmodus entfernt, das Thermofenster ist unverändert oben“, sagt Anwalt Michael Poduschka.
Welche Auswirkungen hat das Stadler- Geständnis auf die österreichischen Prozesse?
„Ich werde das Geständnis des ehemaligen Audi-Vorstandsvorsitzenden Stadler in den Prozessen nutzen, weil es rechtlich relevant ist“, sagt Anwalt Poduschka. „Denn bis jetzt ist von Audi abgestritten worden, dass etwas falsch gemacht wurde. Sie können jetzt nicht mehr sagen, das haben wir nicht gewusst, dass wir das nicht machen dürfen.“ Noch wichtiger ist laut Poduschka das Geständnis des mitangeklagten Audi-Motorenentwicklers Wolfgang Hatz, der Abgas-Manipulationen seit 2009 eingeräumt hat.
Kann ich mich jetzt noch einer Klage anschließen?
Laut Anwalt Poduschka können Schadensersatzansprüche, die sich gegen die Autohersteller richten, in Österreich bis zu 30 Jahre lang geltend gemacht werden. Poduschka: „Wir haben eine strafbare Handlung seitens der Audi AG.“
Kann ich den Autokauf rückabwickeln lassen?
Der Oberste Gerichtshof hat kürzlich entschieden, dass ein VW-Käufer das von der Abgasmanipulation betroffene Fahrzeug an den Hersteller zurückgeben und den Kaufpreis zurückverlangen kann. „Ich bekomme den Kaufpreis zuzüglich vier Prozent Zinsen und abzüglich Nutzungsentgelt“, sagt Poduschka. Das Nutzungsentgelt wird anhand der gefahrenen Kilometer berechnet. Die zweite Möglichkeit ist, das Auto zu behalten und auf Minderwert zu klagen. In der Regel werden 10 bis 20 Prozent Schadenersatz zugesprochen.
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