Walter Nettig: Die ganze Welt im Objektiv

Walter Nettig ist auch bekannt durch seine inzwischen legendären TV-Spots für das Bildungsinstitut Humboldt. Er würde gerne wieder mitwirken.
Walter Nettig, nach wie vor gut vernetzt, ist als Unternehmensberater tätig.

Viele Kontakte, aber nur "drei enge Freunde, die alle nicht prominent sind": Walter Nettig kann aufgrund seiner jahrzehntelangen Erfahrung in Politik und Wirtschaft neudeutsch durchaus als Networker bezeichnet werden; Noch heute nutzt er seine Kontakte, um Dinge zu bewegen; wie zuletzt vor einigen Jahren, als er als damaliger Vereinspräsident der Wiener Sängerknaben die neue Konzerthalle im Augarten sowie günstige Mietkonditionen mithilfe des Bundespräsidenten und des Bürgermeisters durchboxen konnte. "Er hat geholfen, administrative Widerstände im Rathaus zu brechen", lobt Nettig Michael Häupl.

Walter Nettig: Die ganze Welt im Objektiv
VIE01:RATHAUS-KOALITION:WIEN,18OCT96 - ARCHIVBILD 1994 - Die Verhandlunsteams der Wiener SPOe und OeVP treffen am Freitag im Rathaus zu ersten Sondierungsgespraechen zusammen. Unser Archivbild zeigt Buergermeister Michael Haeupl und Kammerpraesident Walter Nettig in einem Elektroboot auf der Alten Donau. le/REUTER OESTERREICH/Photo by Dieter Nagl REUTERS
Seit rund 40 Jahren kenne und schätze man einander. Das SP-Stadtoberhaupt vertraute dem VP-Politiker (Nettig saß im Wiener Landtag und war Präsident der Wiener Wirtschaftskammer) so weit, dass er ihn 1996 als Sonderbeauftragten der Stadt für internationale wirtschaftliche Angelegenheiten einsetzte.

Auch wenn es diese Funktion heute nicht mehr gibt, so ist Nettig nach wie vor im Auftrag Häupls für die Stadt im Einsatz. "Nicht mehr in dem Ausmaß wie früher, aber doch"; zuletzt im Juli in London.

Walter Nettig: Die ganze Welt im Objektiv
APAGIN03 - 04062008 - WIEN - OESTERREICH: ZU APA TEXT KI - Der neue Praesident der Wiener Saengerknaben, Walter Nettig mit Saengerknaben anl. der Pressekonferenz am Mittwoch, 4. Juni 2008. APA-FOTO: BARBARA GINDL
Reisen ist für Nettig seit seiner Zeit als Sängerknabe nichts Ungewöhnliches. "Damals wurde ich mit dem Reise-Bazillus angesteckt." Viele exotische Länder lernte er schon in jungen Jahren kennen, "es gibt nur wenige Plätze, die ich nicht besucht habe". Diese Lücken schließt er sukzessive, nächstes Jahr etwa steht Norwegen auf der Liste.

Nach der Ausbildung zum Fotografen arbeitete Nettig in den 50er-Jahren in US-Fotogeschäften und in Filmstudios in Hollywood. Nach seiner Rückkehr nach Wien baute er die Kette "Foto Nettig" mit 27 Filialen auf, die er Mitte der 90er-Jahre zur Gänze an Niedermeyer verkaufte. Seine Tochter, die das Geschäft übernehmen hätte sollen, zog zu ihrem Freund in die USA. "Ich habe versucht, das zu verhindern, weil sie passten nicht zusammen", aber es gelang ihm nicht.

Beste Entscheidung

Nettig, der schon in der Kammer äußerst aktiv war, schaffte aus Zeitgründen nicht mehr beides. Und nicht zuletzt erkannte er den langfristigen Niedergang der analogen Fotografie. "Bei den Kameras habe ich draufgezahlt, das Ausarbeiten war das Geschäft." Der Verkauf der Kette sei die beste Entscheidung gewesen, was auch an den jüngsten Turbulenzen in der Branche bemerkbar sei.

Geblieben ist aber die Leidenschaft zur Fotografie. "Welche Kamera haben Sie da?" oder "Welche Brennweite haben Sie eingestellt?" stellt er interessierte Fragen an den KURIER-Fotografen.

Rund 30 Stunden in der Woche arbeitet Nettig, darunter als Berater für einen internationalen Immobilienkonzern sowie für eine US-Firma, die Filmkameras und Laborgeräte herstellt. "In meinem Alter muss man die Zeit vernünftig nutzen", sagt der 79-Jährige. Wie viele seiner Tätigkeiten erfolgt auch diese ohne Bezahlung.

Walter Nettig: Die ganze Welt im Objektiv
Ein großes Anliegen ist Nettig das Thema Bildung. Daher hat er auch gratis mitgewirkt in den inzwischen legendären TV-Spots des Fernlehrinstituts Humboldt ("Der Einstieg in den Aufstieg"), die jahrelang ausgestrahlt wurden. "Im Spital wurde ich von einer Schwester für Professor Humboldt gehalten, sie ließ sich davon nicht abbringen." Die Persiflage der Kabarettisten Stermann & Grissemann findet Nettig lustig. Eine Neuauflage der TV-Spots "wäre schön", wünscht sich Nettig und spricht damit wohl vielen Fans aus der Seele.

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