Wahljahr und sinkende Zinsen: Der Dow Jones schreibt Geschichte

Wahljahr und sinkende Zinsen: Der Dow Jones schreibt Geschichte
Der Leitindex der Wall Street beendete die Handelswoche erstmals jenseits der magischen Marke von 40.000 Punkten

Nach einem ruhigen Geschäft hat der Dow Jones am Freitag doch noch Geschichte geschrieben: In den letzten Handelsminuten nahm der US-Leitindex abermals die 40.000-Punktemarke ins Visier und schloss mit einem Zuwachs von 0,34 Prozent bei 40.003,59 Punkten zum ersten Mal darüber. Bereits am Donnerstag hatte der Index im Handelsverlauf Luft auf diesem Niveau geschnuppert, dieses jedoch noch nicht über die Ziellinie gebracht.

Hintergrund ist die erneut leicht gesunkene US-Inflation im April und die Erwartung, dass die US-Notenbank im Juni die Leitzinsen senken dürfte. Allgemein blieb der Handel aber ruhig und eher verhalten.

Die Zurückhaltung spiegelt die Erwartung wider, dass die Leitzinsen in den USA nur einmal in diesem Jahr gesenkt werden. Vertreter der US-Notenbank hatten erklärt, dass es länger dauern könnte, bis die Inflation das Ziel von zwei Prozent erreicht.

"Märkte am Scheideweg"

"Die Märkte befinden sich jetzt an einem Scheideweg", sagte Stuart Cole, leitender Makroökonom bei Equiti Capital. "Da die Zentralbanken alle sehr datenabhängig sind, werden die Märkte auch ihre Erwartungen an die jeweils anstehenden Daten anpassen."

Außerdem dürfte sich die Fed zurückhalten, um nicht in der einen oder anderen Form Diskussionsstoff für den US-Wahlkampf zu liefern.

Ein Blick ins Geschichtsbuch zeigt: Am 26. Mai 1896 startete der Dow Jones in New York mit damals erst zwölf Mitgliedern. Fast 128 Jahre später übersprang der US-Leitindex am Donnerstag im Handelsverlauf erstmals die Schwelle von 40.000 Punkten. Mittlerweile sind im wichtigsten Index der Börsenwelt 30 Mitglieder enthalten – von 3M, Amazon und American Express bis zu Visa, Walmart und Walt Disney.

Der Index findet auch 128 Jahre nach seiner Einführung weiterhin große Beachtung, obwohl er wegen der Gewichtung der einzelnen Werte auch häufig kritisiert wird. Die einzelnen Titel werden gemäß des Werts einer Einzelaktie gewichtet, was allgemein als nicht sonderlich sinnvoll gilt.

Die Methode führt etwa dazu, dass der bei weitem wichtigste Wert im Dow Jones mit 8,5 Prozent am Gesamtindex die Aktie des Gesundheitsversicherers UnitedHealth ist. Zum Vergleich: Der Versandhändler Amazon kommt auf nur drei Prozent Anteil am Index, obwohl der Konzern gemessen an der Marktkapitalisierung das fünftgrößte Unternehmen weltweit ist.

Nachfolgend eine Auswahl wichtiger Ereignisse in der Geschichte des US-Leitindex:

26. Mai 1896: Der Dow Jones Industrial Average debütiert mit zwölf Mitgliedern: American Cotton Oil, American Sugar Refining, American Tobacco, Chicago Gas, Distilling & Cattle Feeding, General Electric (GE), Laclede Gas Light, National Lead, North American Co., Tennessee Coal, Iron & Railroad, U.S. Leather und U.S. Rubber.

1. April 1901: Der durch den Zusammenschluss mehrerer Stahlkocher gebildete Konzern U.S. Steel steigt in den Dow Jones auf. Das zu dieser Zeit größte Unternehmen der USA bleibt dort bis Mai 1991.

7. November 1907: U.S. Steel übernimmt Tennessee Coal, Iron & Railroad. Das ist die einzige Fusion zweier Dow-Werte. Für Tennessee Coal rückt GE auf, die in den Jahren zuvor zweimal aus dem US-Standardwerteindex herausgefallen waren.

1916: Der Dow wird auf 20 Werte erweitert. Ab 1928 hat die erste US-Börsenliga 30 Mitglieder.

1. Oktober 1928: John D. Rockfellers Ölkonzern Standard Oil steigt in den Dow auf. Standard Oil wird 1972 zu Exxon und nach der Übernahme von Mobil Oil 1999 zu Exxon Mobil.

28./29. Oktober 1929: Am "Schwarzen Montag" und "Schwarzen Dienstag" fällt der Dow um insgesamt 23 Prozent. Der 12,8-prozentige Kurseinbruch vom 28. Oktober bleibt bis zum "Schwarzen Montag" 1987 der größte Tagesverlust.

26. Mai 1932: International Business Machines (IBM) steigt in den Dow auf. IBM fällt 1939 wieder heraus und kehrt 1979 zurück.

3. Juli 1956: International Paper steigt in den Dow auf. In den 17 Jahren und drei Monaten zuvor war die Zusammensetzung unverändert geblieben - so lange wie nie.

Erstmals über 1.000 Punkten

14. November 1972: Der Dow schließt erstmalig über 1.000 Punkten.

19. Oktober 1987: Am "Schwarzen Montag" bricht der Dow um 22,6 Prozent ein. Das ist der größte Tagesverlust seiner Geschichte. In den fünf Jahren zuvor hatte er insgesamt um rund 250 Prozent zugelegt.

Erstmals über 10.000 Punkten

29. März 1999: Der Dow schließt erstmalig über 10.000 Punkten.

1. November 1999: Als erste an der US-Technologiebörse Nasdaq gelistete Firmen werden Microsoft und Intel in den Dow aufgenommen. Die Entscheidung spiegelt die gestiegene Bedeutung der IT-Branche für die US-Wirtschaft wider.

17. September 2001: Die US-Börse öffnet erstmalig nach den Anschlägen vom 11. September. Der Dow fällt um 684,81 Punkte. Das ist in absoluten Zahlen der drittgrößte Tagesverlust seiner Geschichte. Prozentual büßt er 7,1 Prozent ein.

29. September 2008: Wenige Tage nach dem Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers fällt der Dow um 777,68 Punkte. Das ist in absoluten Zahlen der größte Tagesverlust seiner Geschichte.

13. Oktober 2008: Der Dow verbucht mit einem Plus von 11,08 Prozent den größten Tagesgewinn seiner Geschichte.

9. März 2009: Die Finanzkrise drückt den Dow auf 6.547,05 Punkte. Damit liegt er wieder auf dem Niveau von 1997.

8. Juni 2009: Der einstige Branchenprimus der Autobauer, General Motors, steigt nach seiner Insolvenz aus dem Dow ab.

6. Mai 2010: Der "Flash Crash" drückt den Dow binnen Minuten um mehr als 1.000 Punkte. Auslöser ist ein Fehler in einem computergesteuerten Handelsprogramm, eines sogenannten "Algo-Traders".

Erstmals über 20.000 Punkten

25. Jänner 2017: Die Hoffnung auf eine wirtschaftsfreundliche Politik des frisch gewählten US-Präsidenten Donald Trump gibt der Wall Street Rückenwind. Wenige Tage nach der Amtseinführung Trumps überspringt der Dow Jones erstmals die Marke von 20.000 Punkten.

Februar/März 2020: Der Ausbruch der Pandemie löst einen weltweiten Ausverkauf an den Börsen aus. Der Dow Jones fällt binnen weniger Wochen um rund 35 Prozent auf etwa 18.200 Punkte.

Erstmals über 30.000 Punkten

24. November 2020: Dank billionenschwerer Geldspritzen der US-Notenbank und erster erfolgreicher Tests eines Coronavirus-Impfstoffs erholt sich die Wall Street. Der Dow Jones knackt die 30.000-er Marke.

17. Mai 2024: Die Hoffnung auf nahende Zinssenkungen der Notenbank Fed hieven den Dow Jones über die Marke von 40.000 Punkten.

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