"Ansonsten brennt Weihnachten nicht nur der Baum": 100.000 Teilnehmer bei VW-Streiks

"Ansonsten brennt Weihnachten nicht nur der Baum": 100.000 Teilnehmer bei VW-Streiks
Der Streik der VW-Beschäftigten ist fürs Erste vorbei. Sollte der Vorstand "nicht zur Vernunft kommen", wird das nicht der letzte Arbeitskampf gewesen sein, warnt die Gewerkschaft.

Die Gewerkschaft IG Metall hat ihre Warnstreiks gegen die milliardenschweren Sparpläne beim Autobauer Volkswagen in Deutschland vorerst beendet. Insgesamt beteiligten sich gestern und heute fast 100.000 Mitarbeiter an dem Ausstand, wie die Gewerkschaft mitteilte.

An neun der zehn deutschen Standorte legten Mitarbeiter zeitweise die Arbeit nieder und brachten die Bänder zum Stehen. Seit Beginn der Frühschicht wird in Wolfsburg und den anderen Werken wieder regulär gearbeitet.

"Erster, wuchtiger Aufschlag"

Insgesamt zählte die Gewerkschaft an den neun betroffenen Standorten in Deutschland 98.650 Teilnehmer, davon 47.000 in Wolfsburg, 12.500 in Kassel-Baunatal und jeweils 9.000 in Zwickau und Hannover. "Die ersten Warnstreiks waren ein absolut entschlossenes Signal der Belegschaft gegen die rabiaten Vorstandsvorhaben Volkswagens", sagte IG-Metall-Verhandlungsführer Thorsten Gröger. "Das war ein erster, wuchtiger Aufschlag eines Protestwinters!"

Die IG Metall bezeichnete die Streiks der beiden Tage als "Warnung". Sollte Volkswagen weiter auf seinen Maximalforderungen bestehen, drohe eine Zuspitzung so Gröger. "Wer die Belegschaft ignoriert, spielt mit dem Feuer - und wir wissen, wie man Funken in Flammen verwandelt."

"Ansonsten brennt Weihnachten nicht nur der Baum": 100.000 Teilnehmer bei VW-Streiks

IG-Metall-Verhandlungsführer Thorsten Gröger.

"Streikbereit! Bundesweit!"

In Wolfsburg zogen Tausende mit einem lautstarken Demonstrationszug durch das Stammwerk und versammelten sich zu einer Kundgebung direkt vor dem Vorstandshochhaus. "Streikbereit! Bundesweit!", skandierten sie in Sprechchören. 

"Wir haben die Schnauze voll", riefen Beschäftigte in Zwickau vor dem Werkstor. In Braunschweig schritten mehr als Tausend Beschäftigte durch die Stadt. In Hannover forderten Mitarbeiter: "Vorstand raus!“ In Kassel-Baunatal machten Beschäftigte des Komponentenwerks mit Trillerpfeifen, Trommeln und Hupkonzerten ihrem Unmut Luft. 

Nationwide warning strikes in Germany over Volkswagen's plans to close three factories

VW Streik in Deutschland

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VW Streik in Deutschland

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VW Streik in Deutschland

GERMANY-LABOUR-AUTOMOBILE-VW

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Workers of Europe's largest carmaker Volkswagen AG protest in Wolfsburg

VW Streik in Deutschland

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VW Streik in Deutschland

"Ansonsten brennt Weihnachten nicht nur der Baum"

In Emden forderte Daniel Friedrich, Bezirksleiter der IG Metall Küste, die Konzernspitze auf, die massiven Sparpläne vom Tisch zu nehmen. "Ansonsten brennt Weihnachten nicht nur der Baum, sonst brennt jedes einzelne Werk." In Zwickau drohte der dortige IG-Metall-Bezirksleiter Dirk Schulze bereits mit weiteren Arbeitsniederlegungen: "Sollte der Vorstand nicht zur Vernunft kommen, wird das nicht der letzte Warnstreik sein."

Am kommenden Montag kommen Vertreter von Unternehmen und Arbeitnehmern in Wolfsburg zu ihrer nächsten Tarifrunde zusammen. Die nächste Verhandlungsrunde in einer Woche werde hier eine Weichenstellung bringen, sagte Betriebsratschefin Daniela Cavallo. Entweder komme es dann zu einer Annäherung, oder zu einer weiteren Eskalation. 

"Ansonsten brennt Weihnachten nicht nur der Baum": 100.000 Teilnehmer bei VW-Streiks

Betriebsratschefin Daniela Cavallo

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil appellierte an die Tarifparteien, den seit Wochen schwelenden Konflikt nicht weiter eskalieren zu lassen. "Es ist das gute Recht von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, auf ihre Forderungen aufmerksam zu machen, und es ist jetzt an der Zeit, dass man sich einigt", sagte der SPD-Politiker, der für das Land auch im VW-Aufsichtsrat sitzt. "Alle werden sich bewegen müssen, aber eine Einigung erscheint mir möglich und notwendig." Das Land Niedersachsen ist mit 20 Prozent der Stimmrechte an VW beteiligt.

Auswirkungen auf Produktion halten sich in Grenzen

Die Warnstreiks dauerten jeweils rund zwei Stunden pro Schicht. Zu möglichen Ausfällen in der Produktion sagte ein VW-Sprecher: "Die Auswirkungen hielten sich in Grenzen." Zwar habe die Fertigung während der zweistündigen Warnstreiks überall geruht. Man habe sie anschließend aber ohne große Probleme wieder hochfahren können. 

Auch nach Ansicht des Branchenexperten Frank Schwope dürften der zweistündige Ausstand für VW zu verschmerzen sein. "Streikbedingte Ausfälle sind leicht aufzuholen", sagte der Lehrbeauftragte für Automobilwirtschaft an der Fachhochschule des Mittelstands in Hannover. 

Anders sähe es aus, wenn sich der Konflikt weiter zuspitzen sollte. "Ein längerer, eskalierender Arbeitskampf würde Volkswagen durchaus schmerzen und könnte auch das Image in der Bevölkerung und in der Politik lädieren."

VW-Spitze bleibt hart

VW erklärte, man respektiere das Recht der Mitarbeiter auf Warnstreiks und setze weiter auf eine einvernehmliche Lösung mit der Arbeitnehmerseite. In der Sache zeigte sich der Konzern aber hart: Ein Gegenkonzept von IG Metall und Betriebsrat für Einsparungen ohne Entlassung und Werksschließung hatte VW erst am Freitag als unzureichend zurückgewiesen. VW begründet die Einschnitte mit hohen Kosten und einer geringen Auslastung. 

Angesichts der schwachen Nachfrage nach Neuwagen müsse VW seine Sparbemühungen verstärken. Laut Markenchef Thomas Schäfer werde man dabei um Werksschließungen wohl nicht umhinkommen. In den ersten neun Monaten war der Gewinn des Konzerns massiv eingebrochen. Von roten Zahlen ist der Konzern aber weit entfernt: Von Januar bis September verbuchte VW nach Steuern noch 1,58 Milliarden Euro Überschuss.

Erst am Wochenende war bei Europas größtem Autobauer die Friedenspflicht ausgelaufen, in der Arbeitskämpfe nicht erlaubt waren. Bei Volkswagen ist es der größte Ausstand seit Jahren. Flächendeckende Warnstreiks an allen großen Werken in Westdeutschland gab es zuletzt 2018. Nach Angaben der IG Metall beteiligten sich damals mehr als 50.000 Beschäftigte.

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