Der heimische Tourismus-Arbeitsmarkt hat die Corona-Pandemie besser überstanden als befürchtet. Zwar haben während der Lockdowns, als Beherbergung und Gastronomie geschlossen war, Tausende Arbeitskräfte in andere Branchen gewechselt. Die Personallücke konnte jedoch rasch wieder geschlossen werden. Heuer waren in den ersten fünf Monaten knapp 220.000 Menschen im Tourismus beschäftigt, um rund 3.000 mehr als vor der Corona-Krise. Dazu kommen mehr als 14.000 offene Stellen beim AMS.
Für Arbeitsminister Martin Kocher war die Kurzarbeit „die entscheidende Maßnahme“, um den Personalstand halten zu können. Die zuletzt gelockerten Regelungen bei der Rot-weiß-rot-Karte, Ukrainern und Stammsaisonniers hätten zudem die Beschäftigung angekurbelt.
Der Tourismus-Arbeitsmarkt weist spezielle Besonderheiten auf, die vom Institut für Höhere Studien (IHS) in einer Studie unter die Lupe genommen wurden.
Die wichtigsten fünf Punkte:
1. Schwankender Personalbedarf
Wegen der hohen Bedarfsschwankungen nach Tageszeit, Wochentag oder Saison herrscht ständig Nachfrage. Die Dynamik, und damit der Umschlag beim AMS, ist extrem hoch. Übers Jahr gerechnet werden mehr als 500.000 Menschen zumindest für einen Tag für einen Tourismus-Job angemeldet. Der Personalbedarf kann längst nicht mehr in der Region gedeckt werden.
Nur 25 Prozent der Beschäftigten sind das ganze Jahr über tätig. Sie erbringen aber 50 Prozent der Arbeitsleistung. Die Mehrheit hat einen temporären Job, dazu kommen 20 Prozent reine Saisonkräfte. Nur knapp ein Drittel der Beschäftigten weist Branchenkarrieren von mehr als fünf Jahren auf.
3. Hoher Ausländeranteil
Die Beschäftigung stieg in den vergangenen Jahren ausschließlich dank nicht-österreichischer Staatsbürger. Die Ausländerquote liegt inzwischen bei 56 Prozent, in Wien und dem Burgenland liegt sie noch darüber. Der Frauenanteil ist mit 58 Prozent der fünfthöchste aller Branchen.
Die hohe Dynamik zeigt sich auch im Altersschnitt: Der Tourismus ist die mit Abstand jüngste Branche. Das Medianalter beträgt 32 Jahre, das Durchschnittsalter 35 Jahre. In der Gesamtwirtschaft sind es 38 bzw. 39 Jahre (Median). Für viele, besonders ausländische Beschäftigte, ist es die Einstiegsbranche in den Arbeitsmarkt.
5. Die Lehrlingsfrage
Von 2007 bis 2019 sind die Lehrlingszahlen im Tourismus mit 40 Prozent doppelt so stark gesunken wie in der Gesamtwirtschaft. Zuletzt gab es wieder mehr Anfänger. Mit knapp 7.000 Lehrlingen ist die Branche nach wie vor auf Platz vier hinter Handel, Industrie und Gewerbe/Handwerk.
Tourismus-Staatssekretärin Kraus-Winkler mit Arbeitsminister Kocher und IHS-Direktor Neusser bei der Studienpräsentation
Image-Kampagne
Mit einer neuen Image-Kampagne wirbt die Branche nun verstärkt im Inland um Lehrlinge und Fachkräfte. Das allein wird nicht reichen. IHS-Direktor Klaus Neusser gab zu bedenken, dass viele ihre Lehre – auch wegen schlechter Arbeitsbedingungen – vorzeitig abbrechen. Er schlägt daher vor, die guten Ausbildungsbetriebe „vor den Vorhang zu holen“. Weiters fordert Neusser noch mehr Anstrengungen in Sachen Ganzjahresbeschäftigung.
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