Vivatis-Chef: "Wir haben Konsumenten zu Schnäppchenjägern erzogen"

Ein Mann in weißem Kittel und Haarnetz sortiert Kartoffeln auf einem Förderband in einer Produktionshalle.
Der Chef des Lebensmittelkonzerns findet es nicht fair, dass seine Branche für hohe Lebensmittelpreise verantwortlich gemacht wird.

Die hohen Lebensmittelpreise in Österreich sind aktuell Dauerthema. Auch der sogenannte "Österreich-Aufschlag", also dass dieselben Produkte in anderen Ländern wie etwa Deutschland weniger kosten als im Inland, stößt vielen Konsumenten sauer auf. 

Einer der größten Lebensmittelproduzenten Österreichs ist die Vivatis-Gruppe, zu der etwa Marken wie Maresi oder Knabbernossi gehören. Der Vivatis-Vorstandsvorsitzende Gerald Hackl sieht sich seit einigen Monaten immer wieder mit dem Vorwurf konfrontiert, Produzenten wie er würden die Preise nach oben schrauben und die Inflation antreiben.

Hackl empfindet diese Kritik als ungerechtfertigt. "Wir haben das wirklich nicht verdient, dass wir als die Bösen hingestellt werden", sagt er im Gespräch mit dem KURIER.

"Bei den Gehältern haben wir es wirklich übertrieben"

Statt von den Lebensmittelproduzenten oder -händlern kämen die Preiserhöhungen der vergangenen Jahre von den gestiegenen Kosten für Energie und Löhne. "Gerade bei den Gehältern haben wir es in den letzten Jahren wirklich übertrieben in Österreich. Wir merken das bei personalintensiven Produkten. Da preisen wir uns selbst hinaus und sind nicht mehr wettbewerbsfähig", so Hackl.

Als Beispiel nennt er das Unternehmen Wojnar's, das seit 2021 zur Vivatis-Gruppe gehört und Produkte wie Aufstrich und Sandwiches im Inland herstellt. Um das Geld, um das Wojnar's in Österreich eine Arbeitskraft beschäftigen kann, könnten in günstigeren Ländern wie Ungarn Hackl zufolge 2,5 Beschäftigte arbeiten.

Ein Mann mit Brille und Anzug steht vor einer hellen Wand.

Gerald Hackl, Vorstandsvorsitzender der Vivatis Holding

Die hohen Kosten hätten das Unternehmen bereits Aufträge gekostet. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, würden immer mehr Unternehmen überlegen, die Produktion ins Ausland zu verlegen. Bei den Vivatis-Firmen, die im Inland produzieren, gebe es aber aktuell keine konkreten Pläne. 

Mehr Automatisierung in den Produktionsstandorten

Stattdessen versuche man, durch mehr Automatisierung in den Produktionsstandorten Kosten einzusparen. In den vergangenen fünf Jahren hätte das Unternehmen in Modernisierung und Übernahmen anderer Unternehmen mehr als 350 Millionen Euro investiert, einen großen Teil davon im Inland.

Neben den Lohnkosten kritisiert Hackl auch die Bürokratie, der er sich als Unternehmer ausgesetzt sieht. "Ich kenne viele internationale Konzern-Chefs. Die lachen über uns und das, was wir hier in Österreich tun."

Hinzu komme, dass die heimischen Konsumenten beim Lebensmitteleinkauf immer mehr sparen. "Wir sind selbst schuld, weil wir die Konsumenten zu Schnäppchenjägern erzogen haben. Aber wenn es nur noch darum geht, dass Lebensmittel günstig sind, wird sich das für Produkte, die in Österreich hergestellt werden, nicht mehr ausgehen."

Auf einem blauen Förderband liegen viele gefüllte Palatschinken vor einer großen Maschine.

Zur Vivatis-Gruppe gehört etwa auch der Tiefkühl-Produzent Weinbergmaier, der in Wolfern (OÖ), Wien und Hollabrunn (NÖ) produziert.

"Shrinkflation ist eine Frage der Preispolitik"

"Total ärgerlich" findet Hackl die Aufregung um das Thema Shrinkflation, also wenn die Menge eines Produkts reduziert wird, der Preis aber gleich bleibt. Verbraucherschützer kritisieren diese Praxis regelmäßig als irreführend. Für Hackl handelt es sich dabei um eine Frage der Preispolitik. Konsumenten würden dadurch nicht getäuscht werden, da die Füllmenge verpflichtend auf der Verpackung anzugeben ist. 

"Wenn der Handel sagt, wir akzeptieren keine Preiserhöhungen, dann kann ich nur überlegen, dass ich weniger hineingebe, um weiterhin an dem Produkt zu verdienen", so Hackl. Zudem würden Konsumenten kleinere Packungen immer mehr nachfragen, etwa weil die Zahl der Ein- und Zweipersonenhaushalte in der vergangenen Jahrzehnten stark zugenommen hat.

Der Handel hat bei Preisverhandlungen mit Produzenten in Österreich wegen der hohen Konzentration eine gute Position. "Wenn der Lebensmitteleinzelhandel breiter wäre, wäre es natürlich für uns einfacher. Wenn jetzt ein Händler eines unserer Produkte nicht listet, dann fehlt uns gleich ein Drittel des Marktes", beklagt Hackl.

Vivatis verkauft zum gleichen Preis an österreichische und deutsche Händler

Trotzdem pflege man mit den Handelsketten eine "gute Partnerschaft". Und das nicht nur in Österreich, sondern auch in Deutschland, wo Rewe (Billa, Billa Plus, Penny, Adeg), Lidl und Aldi (Hofer) ihre Zentralen haben. Die Vivatis-Gruppe verkauft ihre Produkte für den deutschen und den heimischen Markt zu denselben Preisen an die Händler.

Dass manche Lebensmittel in österreichischen Supermärkten trotzdem mehr kosten als in deutschen, liegt Hackl zufolge an der Topografie im Land und am dichten Filialnetz. Beides würde für die Händlern einen zusätzlichen Kostenaufwand bedeuten. Zudem seien nicht nur die Produzenten, sondern auch der Handel mit den höheren Löhnen und Energiepreisen konfrontiert und müsse diese an seine Kunden weitergeben.

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