Uber: "Ich habe 97 000 Dollar verloren wegen dir"

Travis Kalanick
Wenn schon mal der Boss im Auto sitzt, kann man ihm auch so richtig die Meinung geigen. Das dachte sich offenbar ein Uber-Fahrer, dessen Streit mit Firmenchef Kalanick auf Video festgehalten wurde. Der Streit zeigt fulminante Wirkung: Der Chef bittet um Führungshilfe.

Travis Kalanick, Chef des Uber-Konzerns, ist nach einem Streit mit einem Uber-Fahrer massiv unter Druck geraten. "Ich habe 97 000 Dollar verloren wegen dir. Ich bin pleite wegen dir", hatte der Fahrer Kalanick angegiftet. Der Uber-Boss reagierte zunächst wenig diplomatisch auf den in einem Video festgehaltenen Zoff: "Schwachsinn! Einige Leute wollen einfach keine Verantwortung übernehmen für ihren Mist. Sie beschuldigen für alles in ihrem Leben jemand anderen".

Später entschuldigte sich Kalanick wortreich in einer E-Mail an die Mitarbeiter für sein Verhalten. Er sei beschämt, wie wenig respektvoll er den Fahrer behandelt habe. "Es ist klar, dass dieses Video eine Reflexion meiner selbst ist - und die Kritik, die wir erhielten, erinnert mich stark daran, dass ich mich fundamental ändern muss als Führungskraft und wachsen muss", schrieb Kalanick. "Es ist das erste Mal, dass ich eingestehe, ich brauche Hilfe bei der Führung."

Die Szene - in einem am Dienstag vom Finanzdienst Bloomberg veröffentlichten Video eingefangen - befeuert die aktuellen Diskussionen um die aggressive Unternehmenskultur beim umstrittenen Fahrdienstvermittler Uber weiter. Bei dem Konflikt, der sich nach einer Fahrt von Kalanick und zwei Begleiterinnen im Auto zugetragen hat, ging es um den bei Fahrern verbreiteten Vorwurf, Uber trage den Preiskampf mit Rivalen wie Lyft auf ihrem Rücken aus.

Schlechtestes Rating bei Uber-Fahrt

Das bestreitete Kalanick zwar, zumindest was den teureren Premium-Service UberBlack angeht, den er selbst nutzt. Der Fahrer ließ sich aber nicht besänftigen, was zu dem verbalen Schlagabtausch führte. Als Kalanick endlich den Wagen verließ, rief er dem Fahrer noch wild gestikulierend zu: "Viel Glück, aber ich weiß, dass du nicht weit kommen wirst". Später bewertete der Fahrer den Chef dann auch noch mit einem Stern in der Uber-App - dem schlechtesten Rating.

Das Video, das laut Bloomberg den "jähzornigen" Charakter Kalanicks zeigt, folgt auf eine Reihe negativer Schlagzeilen. Eine Ex-Mitarbeiterin behauptete im Februar, Uber habe Belästigungen durch einen Vorgesetzten nicht geahndet, da es sich um einen "High Performer" handele. Kalanick bezeichnete das als "abscheulich" und versprach Aufklärung. Am Montag trat ein Manager wegen Beschwerden über sexuelle Belästigungen an seinem vorherigen Arbeitsplatz bei der Google-Mutter Alphabet zurück.

Uber-Manager gefeuert

Konkret geht es um den Technik-Chef des Unternehmens, Amit Singhal. Er bestritt die Vorwürfe gegen ihn im Branchendienst Redcode und in der Zeitung USA Today vehement. Singhal hatte erst im Jänner beim Fahrtendienstvermittler Uber angefangen, als für den Technik-Bereich zuständiger Vize-Präsident. Davor arbeitete er 15 Jahre lang bei Google, wo er Anfang 2016 aufhörte.

Uber-Chef Kalanick habe Singhal am Montag zum Rücktritt aufgefordert, berichtete Redcode. Er habe nicht die Wahrheit gesagt, warum er Google verließ. Singhal veröffentlichte eine persönliche Erklärung bei Redcode und in der Zeitung USA Today, er billige solches Verhalten nicht und habe es auch nicht begangen.

Vorwurf ignoriert

Erst vergangene Woche hatte sich eine Ex-Mitarbeiterin von Uber beschwert, während ihrer Zeit im Unternehmen von ihrem Vorgesetzten sexuell belästigt, von der Personalabteilung aber nicht unterstützt worden zu sein. Generell warf sie dem Unternehmen Sexismus vor. Kalanick beauftragte umgehend den ehemaligen Justizminister der USA, Eric Holder, mit der Untersuchung der Vorwürfe.

Uber ist derzeit in der Defensive: In den vergangenen Wochen boykottierten viele Nutzer den Fahrtenvermittlungsdienst, weil Kalanick in der Wirtschaftsberatergruppe von Präsident Donald Trump saß. Unter dem Hashtag DeleteUber forderten sie dazu auf, die Uber-App zu löschen. Kalanick stieg aus dem Gremium wieder aus.

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