Veit Sorger: "Kapital absichern, statt es abwandern zu lassen"

Sorgers Mission: "Die Politik vom Sinn der Stiftungen überzeugen."
Der Präsident des Verbandes der Privatstiftungen, Veit Sorger, wünscht sich eine positivere Stimmung.

KURIER: Ist es in Österreich attraktiv, eine Stiftung zu eröffnen?

Veit Sorger: Wir haben mehr Abgänge als Zugänge, weil weitere Gesetzesänderungen befürchtet werden. Die Verunsicherung ist groß.

Eine Stiftung wieder aufzulösen ist ja nicht gerade leicht.

Nein, aber manche nehmen eine einmalige Mehrbelastung in Kauf, weil sie maßlos verärgert sind. Deshalb plädieren wir dafür, den Stiftungen den entsprechenden gesellschaftspolitischen Rang einzuräumen. Ansonsten ist zu befürchten, dass nachhaltig Kapital abfließt, das nur sehr schwer zurückkommt.

Wie profitiert der Staat? In der öffentlichen Meinung geht es "nur" um Reiche, die ihr Geld steuerschonend bunkern.

Das war früher vielleicht so, heute nicht mehr. Meist geht es darum, die Unternehmensnachfolge zu ordnen. Man kann zum Beispiel nicht abschätzen, welche Schwiegerkinder da kommen werden. Auch das größte deutsche Unternehmen, VW, ist in einer österreichischen Stiftung untergebracht. 66 Prozent des Stiftungsvermögens liegen in Firmenbeteiligungen, nur 12 Prozent in Anleihen, Aktien und Cash. Die in Stiftungen enthaltenen Unternehmen sind vorsichtiger geführt, sie haben dadurch ein viel geringeres Insolvenzrisiko und eine höhere Kapitalquote. Eine Stiftung ist ein gesichertes Umfeld zum Erhalt von Arbeitsplätzen.

Was ist das Problem?

1993 wurde die gesetzliche Grundlage für Privatstiftungen geschaffen. Seither gab es schon über ein Dutzend Änderungen. Steuerlich gibt es überhaupt keinen Vorteil mehr. Daher lösen Leute die Stiftungen mit unendlichen Schwierigkeiten auf. Man übersieht ja auch, dass bei 3000 Stiftungen rund 20.000 Beschäftigte sind. Außerdem gibt es Mitarbeiter-stiftungen, die erfolgreichste hat die Voest.

Wohin wandert man ab?

In die Schweiz. Auch Liechtenstein bemüht sich enorm. Es braucht in der jetzigen Steuerreformdebatte einen Weckruf: Man muss das Kapital absichern, statt es in die Nachbarländer abwandern zu lassen.

Das Stimmungsbarometer zeigt aber: "Trifft eh keine Armen".

Es geht nicht um arm oder reich, sondern um Sicherheit und um 60 bis 80 Milliarden Betriebsvermögen.

Haben viele Stiftungsgründer nicht leichtfertig nur den Steuervorteil gesehen, ohne zu beachten, dass man mit einer Stiftung praktisch enteignet ist?

Viele haben sich sicherlich zu wenig überlegt, dass sie nicht so ohne Weiteres wieder herauskommen. Eine Zeit lang war es modern, eine Stiftung zu gründen.

Und jetzt ist es wegen des hohen Eingangssteuersatzes nicht mehr attraktiv?

Der ist in der Schweiz noch höher. Die Leute sind bereit, mehr zu zahlen, wenn sie Sicherheit haben. Man übersieht, wie viel Stifter für Kultur und Soziales tun. Die Esterhazystiftung kümmert sich um Museum, Burgen und nachhaltig um Land- und Forstwirtschaft. Der Investor Peter Pühringer hat sechs Millionen Euro für das Theater in der Josefstadt gestiftet. Dem ist es hier zu blöd geworden, und er ist mit seinem ganzen Geld in die Schweiz gegangen.

Die Regierung will ja ein neues Modell für gemeinnützige Stiftungen schaffen und erhofft sich daraus Geld für die Wissenschaft. Was halten Sie davon?

Das ist sehr sympathisch, aber die wirklichen Gelder liegen nicht in gemeinnützigen Stiftungen.

Wird die Steuerreform auch die Stiftungen betreffen?

Wir wissen es nicht. Ich kämpfe nach wie vor darum, die Politik vom Sinn der Stiftungen zu überzeugen. Es ist wichtig, eine positive Stimmung für ausländisches Kapital zu verbreiten, so wie es damals Franz Vranitzky und Ferdinand Lacina gemacht haben. Anstatt zu sagen: Das brauchen wir nicht!

3240 Privatstiftungen gibt es in Österreich, seit 1993 ist die Gründung möglich. Der Stifter bringt Vermögen in eine Privatstiftung ein und legt einen Zweck vor. Dafür wird nur der Ertrag aus der Vermögensverwaltung verwendet.

Die SPÖ erwog, dass Stiftungen künftig ein Prozent Vermögenssteuer plus ein Prozent Erbschaftssteuer-Äquivalent von der Substanz zahlen sollten. Der Manager (Mondi) und Ex-IV-Präsident Veit Sorger ist Präsident des Verbands Österreichischer Privatstiftungen.

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