USA, China, EU: Die Handelskrieger wollen jetzt abrüsten

Falls die Verhandlungen scheitern, drohen weitere US-Strafzölle. Die Betroffenen setzen Hülsenfrüchte als Druckmittel ein.

Neues Jahr, neues Glück: Mit der Hoffnung, schlimmeres Unheil zu verhindern, treten China und die EU diese Woche mit den USA erneut in Verhandlungen. Das Ziel: Der Handelsstreit soll zumindest nicht eskalieren. US-Präsident Donald Trump hatte noch umfassendere Strafzölle angedroht, falls die Verhandlungen nicht fruchten.

Entsprechend bemühten sich alle Seiten, im Vorfeld Optimismus zu versprühen. Dabei ist kurioserweise eine Hülsenfrucht zur geostrategischen Ressource geworden: die Sojabohne.

Russland wittert Chancen

Der Grund ist simpel: Amerikas Bauern waren bisher Leidtragende von Trumps streitbarer Politik. China hatte praktisch alle Großimporte des Futtermittels aus den USA eingestellt. Das war die Retourkutsche dafür, dass die USA Waren im Wert von mehr als 250 Milliarden Dollar mit Strafzöllen belegt hatten.

Russlands Präsident Wladimir Putin versprach prompt, seinen chinesischen Nachbarn mit Sojalieferungen auszuhelfen. Auch alles andere als uneigennützig, versteht sich.

Chinas Einfuhrstopp ließ die Preise für US-Soja verfallen und verursachte den Farmern Verdienstentgänge in Milliardenhöhe. Erst im Dezember kaufte China wieder größere Mengen. Das wurde als Zeichen des guten Willens vor dem G20-Gipfel von Buenos Aires gedeutet, wo Xi Jinping mit Trump über den Handelsstreit beriet.

„Moment, das überbieten wir locker“, scheinen sich die Handelspolitiker in Brüssel gedacht zu haben. Die EU beziehe 74,5 Prozent ihrer Sojaimporte aus den USA, teilte die Kommission am Montag mit – weit mehr als aus Brasilien (19 Prozent), Kanada (2 Prozent) oder Ukraine (1,6 Prozent). Und es ist auch gut doppelt so viel wie im selben Zeitraum des Vorjahres.

Die EU will so Strafzölle auf europäische Autos und Autoteile abwehren. Da geht es um mehr als 50 Milliarden Euro pro Jahr. Die Sojakäufe waren Teil des Deals, den Trump mit EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker im Juli verkündet hatte.

Schuldzuweisungen

Am Dienstag bricht EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström nach Washington auf, um die Gespräche fortzuführen. Schwierig genug, denn abgesehen vom Soja ist beim avisierten Abbau der Industriezölle nichts weitergegangen. Stattdessen gab es Schuldzuweisungen, wer am Stillstand denn schuld sei.

Sollte Trump der Geduldsfaden reißen oder er unter Druck geraten, könnten die Autozölle rasch auf dem Tisch landen. Die nötige Untersuchung, die (wie bei Alu und Stahl) eine Sicherheitsbedrohung für die USA vortäuscht, soll bereits fertig sein, ist aber noch unveröffentlicht. Ein Trumpf, jederzeit zum Ausspielen bereit.

Chinas Patente-Raub

Noch konkreter ist die Bedrohung für die Chinesen. Falls sie bis 1. März keine Handelsvereinbarung zustande bringen, erhöhen die USA die Importzölle auf chinesische Waren im Wert von 200 Milliarden Dollar von 10 auf 25 Prozent. Hier verhandelt seit Montag eine US-Delegation in Peking, die der Vize-Handelsbeauftragte Jeffrey Gerrish anführt.

Trump zeigte sich optimistisch, denn die Zölle seien schmerzhaft für China: „Ihre Wirtschaft läuft nicht gut.“ Das erhöhe den Anreiz zu Verhandlungen. Dass darunter auch US-Konzerne wie Apple oder Cargill leiden, erwähnte er nicht. Der US-Zoll kassiere Milliarden Dollar an Abgaben, betonte Trump stattdessen.

Experten sind skeptisch, ob ein Deal mit Substanz zustande kommen kann. Die USA wollen, dass China die Patentverletzungen und den Technologiediebstahl seiner Firmen abstellt. Darin sind sich die USA ausnahmsweise sogar mit der EU und Japan einig – am Mittwoch wird darüber in Washington gesprochen. Peking hat diese Praktiken zwar stets wortreich verurteilt, konsequent vorgegangen ist man dagegen nie.

Mit einem Ziel ist Trump definitiv gescheitert: Das Handelsbilanz-Defizit der USA gegenüber der EU wird nicht kleiner ausfallen, sondern größer. Von Jänner bis Oktober 2018 hat sich die Lücke zwischen den US-Exporten und Importen um gut 15 Prozent zum Vorjahr vergrößert.

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