US-Inflation sinkt leicht, Fed hebt Zinsen dennoch kräftig an

Fed-Chef Powell könnte den größten Zinsschritt seit 1994 wagen
Notenbank noch immer meilenweit von Inflationsziel entfernt - Ökonom: Großer Zinsschritt jetzt "in Stein gemeißelt"

Die hohe US-Inflation erweist sich als hartnäckiger als gedacht und setzt die Notenbank Fed bei den Zinsen weiter unter Zugzwang. Die Teuerungsrate für Waren und Dienstleistungen fiel im August auf 8,3 Prozent, nach 8,5 Prozent im Juli, wie das Arbeitsministerium am Dienstag in Washington mitteilte. Experten hatten mit einem Wert von 8,1 Prozent und damit einem deutlicheren Nachlassen des Preisauftriebs gerechnet.

Die Jahresteuerungsrate ist nunmehr immerhin zum zweiten Mal in Folge gesunken, was Experten als gutes Zeichen werten. "Es wird immer mehr zu Gewissheit: Der Hochpunkt der US-Inflation sollte hinter uns liegen", so LBBW-Ökonom Dirk Chlench. An den US-Terminmärkten wird nunmehr dennoch fest damit gerechnet, dass die US-Notenbank am 21. September einen dritten großen Zinsschritt in Höhe von 0,75 Prozentpunkten gehen wird. Damit würde der Schlüsselzins dann in einer Spanne von 3,00 bis 3,25 Prozent landen. Auch eine noch drastischere Anhebung gilt als nicht ausgeschlossen.

Der Hintergrund: Die Notenbank strebt als Idealwert für die Konjunktur eine Jahresteuerung von 2,0 Prozent an und ist davon trotz des jüngsten Rückgangs noch meilenweit entfernt. Sie will auf jeden Fall verhindern, dass sich die Erwartung einer anhaltend hohen Inflation in den Köpfen der Amerikaner festsetzt. Denn damit wäre die Glaubwürdigkeit der Notenbank als Hüterin der Preisstabilität in Gefahr. Die Fed wird nach Ansicht von VP-Bank-Chefvolkswirt Thomas Gitzel daher gefordert bleiben. Mit den Inflationszahlen vom August sei eine Zinsanhebung um 75 Basispunkte "in Stein gemeißelt". Dies gelte gerade auch vor dem Hintergrund der im zweiten Halbjahr wesentlich besseren wirtschaftlichen Entwicklung.

An den Finanzmärkten blicke man deshalb auf die Zinssitzungen im späteren Jahresverlauf: "Sollte sich herausstellen, dass die Inflationsdynamik im Dienstleistungssektor hoch bleibt, wird die Fed nicht umhinkommen, auch auf den Zinssitzungen im November und Dezember deutlicher an der Zinsschraube zu drehen als bislang erwartet." Bis Ende dieses Jahres dürften weitere Zinsschritte notwendig sein, um die Inflationsrate deutlich und anhaltend nach unten zu befördern, meint auch Ökonom Bastian Hepperle von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank.

Mit Enttäuschung reagierten Anleger auf die US-Inflationsdaten. Dax und EuroStoxx gaben am frühen Nachmittag ihre zwischenzeitlichen Gewinne ab und fielen um jeweils etwa einem halben Prozent auf 13.355 beziehungsweise 3628 Punkte. Gleiches galt für den Euro, der sich auf 1,0048 Prozent verbilligte. Im Gegenzug drehte der Dollar-Index, der den Kurs zu wichtigen Währungen widerspiegelt, ins Plus und gewann 0,8 Prozent auf 109,09 Zähler. "Die Zahlen bestätigen, dass die US-Inflation immer noch heißläuft", sagte Naeem Aslam, Chef-Marktanalyst des Brokerhauses AvaTrade. "Das macht die Lage für die Fed noch schwieriger, die ihr Bestes versucht, die Teuerung in den Griff zu bekommen."

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