US-Handelsabkommen: Skepsis in EU wächst
Es geht in erster Linie darum, unnötige Unterschiede bei Regulierungen und Vorschriften zu reduzieren." Keinesfalls sei – beteuerte Daniel Mullaney, US-Chefverhandler für das geplante Freihandelsabkommen zwischen EU und USA am Donnerstag in Wien – eine Senkung von Umwelt- oder Sozialstandards geplant.
Das Hauptziel sei eine Harmonisierung von Vorschriften, die den mehrere Hundert Milliarden Euro schweren bilateralen Handel (siehe Grafik) behindern. Als Beispiel für eine "unnötige Regulierung" nannte Mulaney etwa den Unterschied bei zugelassenen Herstellungsverfahren für Wein, die den Handel zwischen den beiden Ländern behindere.
- Profiteure des Abkommens wären – so Mulaney, der bei Parlamentariern, Wirtschaftsvertretern und Sozialpartnern für das Abkommen warb – die Bürger auf beiden Seiten des Atlantiks. Der Abbau von Handelsschranken und Zöllen würde ihnen eine größere Produktvielfalt und niedrigere Preise bescheren. Der Export, vor allem für Klein- und Mittelbetriebe, würde erleichtert. Das sorge für zusätzliches Wirtschaftswachstum, mehr Jobs und steigende Löhne. Laut Schätzung des britischen Centre for Economic Policy Research (CEPR) könnte die Wirtschaftsleistung der EU bis 2027 um 120 Milliarden Euro, das der USA um 95 Milliarden Euro steigen.
- Kritiker des Abkommens "Transatlantic Trade and Investment Partnership" (TTIP) in der EU und in Österreich bezweifeln die Wachstumsfantasien. Wobei ihnen die Wirtschaftsforscher teilweise recht geben. So kommt eine deutsche Studie zum ernüchternden Ergebnis, dass die Wirtschaft im Euroraum über zehn Jahre um 0,03 Prozentpunkte pro Jahr zusätzlich wächst. Optimistischer ist eine Studie für Österreich, die allerdings auch nur 0,2 Prozentpunkte jährlich in Aussicht stellt. Ebenfalls eher bescheiden werden die Folgen für den Arbeitsmarkt eingeschätzt, laut dem deutschen Ifo-Institut sollen in der gesamten EU in Summe 400.000 neue Jobs entstehen. Und auch dieses eher magere Wirtschafts- und Jobwachstum könnte sich als nicht haltbar erweisen. Gegner führen das vor 20 Jahren geschlossene Abkommen NAFTA mit Mexico und Kanada als Beweis an. Statt zusätzlicher Jobs ist die Zahl der Industriearbeitsplätze in den USA gesunken. Und die mexikanischen Bauern verloren gegenüber der US-Agrarindustrie an Wettbewerbsfähigkeit.
Die EU mit ihren oft höheren Umweltstandards könnte – glauben Befürworter des Abkommens – von einer Vereinheitlichung von Vorschriften und vom Abbau von Zöllen profitieren. Die Hersteller umweltfreundlicher Produkte bekämen dadurch einen leichteren Zugang zum US-Markt. Dadurch könnten auch zusätzliche Arbeitsplätze entstehen.
Als größtes Minus vor allem für Europa könnte sich das im Rahmen des TTIP geplante Investitionsschutzabkommen entpuppen. Dieses sieht unter anderem vor, dass Konzerne Staaten etwa wegen einer Verschärfung von Umweltauflagen oder der Einführung von Mindestlöhnen vor einem internationalen Schiedsgericht auf Schadenersatz in Form entgangener Gewinne klagen können. Hier allerdings hat die EU vorerst die Reißleine gezogen und ein öffentliches Konsultationsverfahren gestartet, mit dem dieser Punkt transparenter werden soll.
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