Urteil: Vier Jahre Haft für Abzocker Friedrich Müller
Im Wiener Straflandesgericht wurde heute, Montag, der erste Prozess gegen Gerhard Bruckberger, der unter dem Markennamen „Friedrich Müller“ mit unverschämten Gewinnspielen vor allem „älteres Zielpublikum“ abgezockt haben soll, beendet. Der Schöffensenat unter Richterin Stephanie Öner verurteilte den 47-Jährigen wegen schweren gewerbsmäßigen Betruges zu einen unbedingten Freiheitsstrafe von vier Jahren. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Wie Staatsanwalt Marcus Böhm vorbrachte, soll Bruckberger in nur vier Monaten rund 8000 Kunden um mehr als 760.000 Euro geschädigt haben, indem er sie mit leeren Gewinnversprechungen lockte und zur Zahlung einer Bearbeitungsgebühr von 50 Euro veranlasste. Bewusst soll sich der Angeklagte an ein älteres Zielpublikum gewandt haben. Im gesamten Jahr 2008 soll „Friedrich Müller“ lediglich sechs Gewinne ausgezahlt haben. Die Verteidiger haben die Vorwürfe des Staatsanwalts als „haltlos“ bezeichnet. Nur 1,15 Prozent der betroffenen Adressaten hätten die Gebühr bezahlt, dafür aber auch eine Gegenleistung erhalten. „Sie haben jedenfalls eine wunderschöne Reise bekommen. Sieben Tage Türkei, für 120 Euro für zwei Personen. Bei der Konkurrenz hat das 499 Euro gekostet. Wo ist da der Betrug?“, fragte Eichenseder, der Doyen der Strafverteidiger, das Gericht.
Zweiter Prozess startet
Doch Bruckberger, der seit Februar 2013 in U-Haft sitzt, muss sich ab Mittwoch in einem zweiten Strafprozess vor Gericht verantworten. Das ist das eigentliche Hauptverfahren. Gerade in diesem Fall geht es um einen mutmaßlich großangelegten Betrug in zweistelliger Millionenhöhe. Die Vorwürfe werden bestritten.
Laut Staatsanwaltschaft liegen der Anklage mehr als tausend Strafanzeigen von Geschädigten aus aller Welt zugrunde. Wie der KURIER berichtete, soll "Friedrich Müller" zuerst geringwertige "Kosmetik- und Gesundheitsprodukte zu überhöhten Preisen verkauft" haben. Darunter Produkte, die "die volle Seh- und Hörkraft wiederherstellen" sollten, oder "Salben, die jugendliches Aussehen versprachen".
"Sichere Gewinne"
Später sattelte der fiktive Versandhändler Friedrich Müller alias Bruckberger auf Gewinnspiele um. Oder anders gesagt: Auf Gewinnzusagen von bis zu 100.000 Euro aus "Jackpot-Spielen". Mit bunten Massenbriefen wurden laut Aktenlage bis zu 900.000 Adressaten in einem aufwaschen aufgefordert, doch endlich ihren "sicheren Gewinn" abzuholen. Die Empfänger wussten aber nichts von einem „Gewinn“, der ihnen zusteht.
In den sehr gewieft gestalteten Briefen fanden sie eine sogenannte Mehrwert-Telefonnummer, die sie zum Geldsegen führen sollte. Unter der gebührenpflichtigen Telefon-Hotline 0900… lief ein Tonband, auf dem "das Jackpot-Team von Friedrich Müller" die Anrufer "mit völlig unnötigen und in die Länge ziehenden Floskeln" vier Minuten lang in der Leitung hielt, heißt es in der 87 Seiten starken Anklage, die dem KURIER vorliegt. "Entgegen der Ankündigung gab es keine Gelegenheit, am Ende auf das Band zu sprechen“, so der Ankläger.
Pro Minute soll sich ein Telefonat mit 1,86 Euro bis 3,64 Euro bei den Anrufern auf die Rechnung geschlagen haben. Laut Ankläger soll Bruckbergers Firmen-Gruppe, darunter die EVD Direktverkauf oder IVH Versand Handels AG, groß abkassiert haben. Glaubt man den Anklagebehörden soll der Versand-Zampano zwischen 2000 und 2003 mit dem Mehrwertnummern rund 40,22 Millionen Euro einkassiert haben.
Vorwürfe bestritten
"Aus den Unterlagen ergibt sich, dass zwar enorme Einkünfte durch die Mehrwertnummern eingingen, die ausgelobten Gewinne aber nicht ausbezahlt wurden", heißt es in der Anklage. Bruckberger und drei weiteren Personen wird schwerer gewerbsmäßiger Betrug, sprich Täuschung, vorgeworfen. Laut Staatsanwalt soll "das Jackpot-Spiel so erdacht gewesen sein, dass eine große Zahl Teilnehmer getäuscht wurde, in dem sie ihren Gewinn über die Mehrwertnummern anforderten, aber tatsächlich gar keine Gewinnchance hatten". Die Vorwürfe werden vehement bestritten.
Trotz hoher Gewinn-Zusagen sollen nur kleine Beträge an die Kundschaft ausgeschüttet worden sein. "Der Jackpot" soll, wenn überhaupt, unter den Anrufern aufgeteilt worden sein. Diesbezügliche Hinweise befanden sich laut Aktenlage nur "auf der Innenseite der Kuverts". Laut Staatsanwaltschaft sollen die Auszahlungen nicht mit jenen Summen (10.000 bis 100.000 Euro) übereingestimmt haben, die die kostenpflichtige Telefon-Hotline den Anrufern versprach. In einem Fall wurde ein 10.000-Euro-Jackpot auf 335 Personen aufgeteilt. Die glücklichen Gewinner erhielten je 29,67 Euro. Bruckberger bestreitet ausdrücklich alle Vorwürfe .
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